>>Zur Sachverständigenordnung 

Richtlinien
zur Sachverständigenordnung (SVO)
der Handwerkskammer ...............................................

vom ...........................

(Richtlinien zur Mustersachverständigenordnung (MSVO) 
des Deutschen Handwerkskammertages (DHKT)
vom ... 

Richtlinien
zur Sachverständigenordnung (SVO) 
der Handwerkskammer ................................................

vom ..............................


Diese Richtlinien erläutern ohne Anspruch auf Vollständigkeit die für die Sachverständigen geltenden Vorschriften. Sie beschreiben, wie die einzelnen Vorschriften der SVO der auszulegen und anzuwenden sind. Sie konkretisieren insbesondere die Rechte und Pflichten des Sachverständigen, wie sie sich aus der Sachverständigenordnung ergeben.


§ 1 Bestellungsgrundlage

1.1 Gesetzliche Grundlage
Rechtsgrundlage für die öffentliche Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen ist § 91 Abs. 1 Nr. 8 und Abs. 4 des Gesetzes zur Ordnung des Handwerks (HwO). Zur Regelung des Sachverständigenwesens hat die Vollversammlung der Handwerkskammer gemäß § 106 Abs. 1 Nr. 12 HwO die Sachverständigenordnung als Satzung beschlossen. Diese ist sowohl für die Sachverständigen als auch für Handwerkskammer verbindliches Recht.

1.2 Antrag
Die öffentliche Bestellung kann nur auf Antrag erfolgen. Sie ist ausgeschlossen, wenn eine andere Bestellkörperschaft auf demselben Sachgebiet bereits eine Bestellung vorgenommen hat.

1.3 Berechtigter Personenkreis
Es können nur natürliche Personen, nicht aber Personengesellschaften oder juristische Personen öffentlich bestellt werden.

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§ 2 Bestellungsvoraussetzungen

2.1 Rahmenbedingungen

2.1.1 Abstrakte Bedürfnisprüfung
Vor jeder Bestellung hat die Kammer zu prüfen, ob überhaupt ein allgemeines Bedürfnis nach Sachverständigen für ein bestimmtes Sachgebiet vorhanden ist. Diese abstrakte Bedürfnisprüfung kann beispielsweise durch Umfrage im Kammerbezirk oder auch landes- oder bundesweite Umfrage bei den Handwerkskammern erfolgen. Bei neuen Bestellungsgebieten, die bundesweit von Bedeutung sind, sollte der Deutsche Handwerkskammertag eingeschaltet werden.

Die sogenannte konkrete Bedürfnisprüfung, die darauf abstellt, ob ein Bedürfnis nach weiteren Sachverständigen auf einem Sachgebiet besteht, ist unzulässig.

2.1.2 Gewerbe als Bestellungsgebiet
Die Kammer bestimmt das jeweilige Sachgebiet, auf das sich die Bestellung erstreckt. Die Sachgebiete entsprechen grundsätzlich den Gewerben der Anlagen A und B zur HwO. Bei zusammengefassten Handwerken kann die Bestellung auf den Bereich eines früher selbständigen Handwerks beschränkt werden. In begründeten Ausnahmefällen kann die Bestellung auf ein Teilgebiet eines Handwerks beschränkt werden, wenn hierfür unter technischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten ein besonderer Bedarf besteht. In diesen Fällen sollte der Bestellungstenor diese Beschränkung deutlich zum Ausdruck bringen, durch Bezeichnungen wie z. B. "Fachgebiet", "Teilgebiet" oder "nur".

2.2 Persönliche Voraussetzungen
Der Bewerber um das Amt des Sachverständigen muß eine Reihe von persönlichen Voraussetzungen erfüllen, um öffentlich bestellt und vereidigt zu werden. Diese persönlichen Voraussetzungen sind im wesentlichen:

2.2.1 Ausübung eines Handwerks
Das Leitbild des handwerklichen Sachverständigen geht von einem Sachverständigen aus, der Handwerker ist oder im handwerksähnlichen Gewerbe tätig ist. Er soll damit die in seiner beruflichen Praxis erworbenen Erfahrungen anderen zur Verfügung stellen, die auf fachliche Beurteilung angewiesen sind. Wer in diesem Sinne Handwerker ist, regelt § 2 Abs. 2 Nr. 1 der SVO.

2.2.1.1
Der Sachverständige in Berufen der Anlage A zur Handwerksordnung (zulassungspflichtige Handwerke) muß die Voraussetzungen zur selbständigen Ausübung des Handwerks erfüllen. Der notwendige Praxisbezug zur Gutachtertätigkeit ist in der Regel in den folgenden Fällen gewahrt:

· Der Sachverständige ist Inhaber eines Betriebes und erfüllt in seiner Person die Eintragungsvoraussetzungen.

· Der Sachverständige ist Gesellschafter einer Personengesellschaft (Gesellschaft bürgerlichen Rechts, Offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft) und erfüllt in seiner Person die Eintragungsvoraussetzungen; von dem Gesellschafter wird hier verlangt, dass er maßgeblich Einfluß auf die technischen Belange dieses Handwerksbetriebes hat.

· Der Sachverständige ist Geschäftsführer, Vorstand oder Gesellschafter einer juristischen Person (GmbH, AG) und erfüllt ebenfalls in seiner Person die Eintragungsvoraussetzungen.

2.2.1.2
Zur Bestellung als Sachverständiger kommt aus dem Kreis der zulassungsfreien Handwerke und der handwerksähnlichen Betriebe derjenige in Betracht, der entweder als Inhaber, Gesellschafter einer Personengesellschaft oder als Geschäftsführer oder Vorstand einer juristischen Person dieses Gewerbezweiges in dem von der Handwerkskammer geführten Verzeichnis eingetragen ist. Gleiches gilt für den Gesellschafter von dort eingetragenen juristischen Personen, der in diesem Unternehmen handwerklich tätig ist.

2.2.2 Altersbeschränkungen
Der Sachverständige kann seine Tätigkeit nur erfolgreich ausüben, wenn er kraft seiner Persönlichkeit in den betroffenen Kreisen akzeptiert wird. Dazu gehört auch eine besondere Lebenserfahrung. Erfahrungsgemäß ist diese mit dem 30. Lebensjahr erworben.

Hinsichtlich der oberen Altersbeschränkung mit dem 65. Lebensjahr wird der allseits anerkannte Erfahrungssatz zugrunde gelegt, dass die körperliche und geistige Leistungskraft beim Durchschnitt aller Erwerbstätigen mit dem siebten Lebensjahrzehnt abnimmt. Infolgedessen spricht eine auf belegbaren Tatsachen beruhende Vermutung gegen die psychische und physische Geeignetheit des diese Altersgrenze über-steigenden Sachverständigen.

2.2.3 Persönliche Eignung
Persönliche Eignung liegt nur dann vor, wenn der Sachverständige die Gewähr für Unabhängigkeit, Unparteilichkeit, Glaubwürdigkeit und für die Einhaltung der Pflichten eines öffentlich bestellten Sachverständigen bei der Gutachtenerstattung oder Erbringung der sonstigen Sachverständigenleistungen bietet. Begründete Zweifel am Vorliegen dieser Eigenschaften rechtfertigen bereits die Ablehnung des Antrages auf öffentliche Bestellung.

Der Sachverständige muss zuverlässig sein. Entsprechende Auskünfte werden von der Kammer eingeholt bzw. sind vom Bewerber beizubringen.
Der Sachverständige muss in der Lage sein, die im Zusammenhang mit der Erstellung der Gutachten auftretenden physischen und psychischen Belastungen auszuhalten.

2.2.4 Besondere Sachkunde
Die besondere Sachkunde setzt voraus, dass der Bewerber in dem Beruf, in dem er seine Sachverständigentätigkeit ausüben will, über überdurchschnittliche Fachkenntnisse verfügt und in der Lage ist, die Arbeiten anderer sachverständig zu begutachten und das Ergebnis seiner Begutachtung für den Auftraggeber verständlich und nachvollziehbar schriftlich und ggf. mündlich zu erläutern. 

Der Nachweis der besonderen Sachkunde ist durch den Sachverständigen zu führen. Er ist nicht schon dadurch erbracht, dass er seinen Beruf in fachlicher Hinsicht bisher ordnungsgemäß ausgeübt hat. Schriftliche Unterlagen allein reichen zum Nachweis der besonderen Sachkunde in aller Regel nicht aus.

Die Begutachtung handwerklicher Leistungen sowie die Akzeptanz in den betroffenen Kreisen setzen nicht nur ein hohes Maß an theoretischem Wissen, sondern auch eine durch mehrjährige selbständige praktische Tätigkeit im Handwerk oder im handwerksähnlichen Gewerbe erworbene Erfahrung voraus. Hier sind die in § 2 Abs. 4 SVO dargelegten Mindestzeiten zugrunde zu legen.

Der Sachverständige muss in der Lage sein, auch schwierige fachliche Zusammenhänge mündlich oder schriftlich so darzustellen, dass seine gutachterlichen Äußerungen für den jeweiligen Auftraggeber, der in aller Regel Laie sein wird, verständlich sind. Hierzu gehört auch, dass die vom Sachverständigen dargestellten Ergebnisse so begründet werden müssen, dass sie für einen Laien verständlich und nachvollziehbar sowie für einen Fachmann in allen Einzelheiten nachprüfbar sind.

Nachprüfbarkeit bedeutet, dass die das Gutachten tragenden Feststellungen, die Schlussfolgerungen und Bewertungskriterien so dargestellt sind, dass sie von einem Sachverständigen ohne Schwierigkeiten als richtig oder falsch erkannt werden können.

2.2.5 Erforderliche Einrichtungen
Der Sachverständige muß über die zur Ausübung der Tätigkeit als öffentlich bestellter Sachverständiger erforderlichen Einrichtungen verfügen können. Hierzu ist eine geeignete Grundausstattung nötig. Das bedeutet aber nicht, dass er alle technischen Einrichtungen selbst zu Eigentum erwerben muss; es reicht vielmehr aus, dass ihm die erforderlichen Einrichtungen in einer Weise zur Verfügung stehen, dass der Zugriff, soweit erforderlich, jederzeit möglich ist und seine Unabhängigkeit und Unparteilichkeit nicht gefährdet werden.

Eine Prüfung, ob die für die Sachverständigentätigkeit erforderlichen Einrichtungen gegeben sind, kann durch einen Mitarbeiter der Handwerkskammer erfolgen.

2.2.6 Geordnete wirtschaftliche Verhältnisse
Der Sachverständige muss in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen leben. Das bedeutet insbesondere, dass der Sachverständige keine eidesstattliche Versicherung nach § 807 ZPO für sich oder einen Dritten abgegeben haben darf und weder persönlich noch für einen Dritten im Schuldnerverzeichnis nach § 915 ZPO eingetragen sein darf. Zweifel daran, ob der Sachverständige in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt, sind insbesondere dann angebracht, wenn er von einem Insolvenzverfahren betroffen war oder ist. 

Eine Bestellung kann in solchen Fällen nur dann ausnahmsweise in Betracht kommen, wenn ausgeschlossen ist, dass das Ansehen des Sachverständigen in der Öffentlichkeit Schaden gelitten hat und er weiterhin die Gewähr für Unparteilichkeit und Unabhängigkeit bei der Sachverständigentätigkeit bietet. 

2.2.7 Persönliche und berufliche Unabhängigkeit
Der Sachverständige muss bei der Gutachtenerstattung oder der Erbringung sonstiger Sachverständigenleistungen persönlich und beruflich unabhängig sein. Er muß seine Gutachten in eigener Verantwortung erstellen können und darf nicht der Gefahr einseitiger Beeinflussung oder fachlicher Weisungen bei der Erstellung seiner Gutachten beziehungsweise der Erbringung seiner Sachverständigenleistungen ausgesetzt sein (vgl. § 9 Abs. 2 SVO).

2.3 Arbeits- oder Dienstverhältnis
Sachverständige, die in einem Arbeits-, Dienst- oder Beamtenverhältnis stehen, können öffentlich bestellt werden, wenn

· der Arbeits- bzw. Anstellungsvertrag so ausgestaltet ist, dass die Gewähr für Unparteilichkeit und Unabhängigkeit gegeben und die Einhaltung der sonstigen Pflichten eines öffentlich bestellten Sachverständigen gewährleistet ist

· die Sachverständigentätigkeit jederzeit persönlich ausgeübt werden kann

· der Sachverständige bei seiner Tätigkeit weder allgemein noch im Einzelfall fachlichen Weisungen unterliegt

· er seine Gutachten selbst unterschreiben und mit dem ihm verliehenen Rundstempel versehen kann und

· der Arbeitgeber/Dienstherr ihn in dem erforderlichen Umfang auch während der arbeitsvertraglich geregelten Dienstzeit freistellt.

· Der Nachweis ist durch eine entsprechende schriftliche Erklärung des Arbeitgebers oder Dienstherrn zu erbringen. In Zweifelsfällen kann die Kammer die Vorlage des Arbeits- oder Dienstvertrages oder dessen einschlägiger Teile verlangen.

Die Freistellungserklärung kann z.B. folgenden Wortlaut haben:

"Herr/Frau ............. ist befugt, als öffentlich bestellte(r) Sachverständige(r) auf dem Sachgebiet ............. tätig zu werden und wird hierfür in dem erforderlichen Umfang freigestellt. Ich/Wir bestätige(n) als Arbeitgeber/Dienstherr dass Herr/Frau ... die Tätigkeit als öffentlich bestellte(r) Sachverständige(r) unter Einhaltung der Pflichten aus der Sachverständigenordnung der Handwerkskammer, also insbesondere unabhängig, frei von fachlichen Weisungen und persönlich ausüben kann. Er/Sie kann schriftliche Leistungen selbst unterschreiben und mit dem Sachverständigen-Rundstempel versehen. Der Widerruf dieser Freistellung ist gegenüber der Kammer zu erklären."


2.4 Hauptberufliche Sachverständigentätigkeit
Die Sachverständigenbestellung im Handwerk war bislang eng gebunden an die Führung eines Handwerksbetriebes gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 SVO. Nur in sehr begründeten Fällen sollten hiervon Ausnahmen zugelassen werden. Im Hintergrund dieser Überlegungen stand stets die Überzeugung, dass eine angemessene und sachgerechte Begutachtung von Waren, Leistungen und Preisen von Handwerkern nur unter Berücksichtigung und aus der Erfahrung der täglichen Betriebspraxis im Handwerk möglich ist. In der Konsequenz kannte das Handwerk daher bisher nur den nebenberuflichen Sachverständigen, der hauptberuflich seinen Handwerksbetrieb führt und somit "Praktiker" mit täglicher Betriebserfahrung ist.

Diese grundsätzliche Überzeugung wird auch durch die Regelungen in § 2 Abs. 4 SVO nicht in Frage gestellt. Diese Regelungen ermöglichen zwar die Sachverständigenbestellung im Handwerk auch für denjenigen, der hauptberuflich als Sachverständiger tätig sein will, nicht aber ohne auf die aus Sicht des Handwerks unbedingt erforderliche Praxiserfahrung zu verzichten. So bleibt weiterhin die besondere fachliche und unternehmerische Qualifikation unabdingbare Voraussetzung. § 2 Abs. 4 Nr. 2 SVO regelt die Mindestanforderung an die Praxiserfahrung eines Antragstellers auf dem Sachgebiet, für das er öffentlich bestellt werden will. 

Im Umkehrschluss wird durch diese Bestimmungen auch deutlich, dass ausschließliches Theoriewissen selbst auf hohem wissenschaftlichen Niveau für das Tätigkeitsfeld eines Sachverständigen des Handwerks nicht ausreicht. Die Bedeutung der praktischen Erfahrung wird zudem betont in § 2 Abs. 2 Nr. 4 SVO.

Die gegebenen Regelungen geben z. B. einem Sachverständigen, der bisher zugleich Handwerksunternehmer war, nunmehr seinen Betrieb an einen Nachfolger übergeben und sich hauptberuflich auf die Sachverständigentätigkeit konzentrieren möchte, die Gelegenheit, die Sachverständigenaufgabe ohne eine erfolgreiche Ausnahmegenehmigung der Kammer weiterzuführen.

Vor dem Hintergrund eines sich stetig entwickelnden Sachverständigenmarktes haben nunmehr auch öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige des Handwerks die Möglichkeit, sich konzentriert in diesem Marktsegment zu betätigen, wozu auch die weitergehenden Regelungen zur Werbung (§ 18 SVO) und zur Möglichkeit von Zusammenschlüssen (§ 21 SVO) gehören. Die in § 2 Abs. 4 SVO getroffenen Regelungen berücksichtigen diese Entwicklung.

2.5 Ausnahmefall
In besonders begründeten Einzelfällen sind Ausnahmen möglich. Begründete Ausnahmefälle liegen regelmäßig nicht in der persönlichen Sphäre des Sachverständigen; angesprochen sind nur die Interessen der Öffentlichkeit, z.B. eine akute Mangellage. Bei der Beurteilung ist insbesondere von Bedeutung, ob der Sachverständige die Möglichkeit hat, an der Entwicklung seines Sachgebietes teilzunehmen und sich über technische Neuerungen und die Preisgestaltung umfassend zu informieren.

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§ 3 Verfahren


3.1 Entscheidungsfindung
Über den Antrag auf öffentliche Bestellung eines Bewerbers um ein Sachverständigenamt entscheidet die örtlich zuständige Handwerkskammer, d.h. die Handwerkskammer, in deren Bezirk der Antragsteller gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 SVO eingetragen oder in deren Bezirk nach § 2 Abs. 4 SVO die Niederlassung als Sachverständiger oder, falls eine solche nicht besteht, der Hauptwohnsitz des Antragstellers liegt.

Die Handwerkskammern haben die persönliche Eignung und die besondere Sachkunde (überdurchschnittliche Fachkenntnisse) nach den Kriterien der §§ 2, 3 SVO festzustellen und sich dabei eine eigene Überzeugung zu bilden.

Bleiben nach sorgfältiger Prüfung der persönlichen Eignung und der besonderen Sachkunde Zweifel, ob die Bestellungsvoraussetzungen vorliegen, so gehen diese zu Lasten des Bewerbers.

3.2 Anhörung
Vor der Entscheidung wird die Handwerkskammer in der Regel den für das Handwerk, für das die Bestellung erfolgen soll, zuständigen Fachverband und/oder die zuständige Innung anhören. Die Zustimmung des Bewerbers ist für die Anhörung erforderlich. Eine fehlende Mitwirkung geht zu Lasten des Bewerbers. Die Innungsmitgliedschaft darf für die Entscheidung über die öffentliche Bestellung keine Rolle spielen.

Die Innung wird wegen des örtlichen Bezuges um Stellungnahme gebeten, insbesondere zum Leumund und dem fachlichen Ruf des Antragstellers. Sollten danach Zweifel an persönlicher Eignung, Fachqualifikation, wirtschaftlicher Unabhängigkeit, ausreichender Einrichtung für die Sachverständigentätigkeit oder an anderen Bestellungsvoraussetzungen bestehen, klärt die Handwerkskammer den Sachverhalt.

Dem Fachverband obliegt insbesondere die Stellungnahme zur fachlichen Eignung des Antragstellers.

3.3 Fachliche Überprüfung
Die Handwerkskammer kann vom Bewerber verlangen, dass er sich auf seine Kosten einer fachlichen Überprüfung bei einer von der Kammer zu bestimmenden Stelle unterzieht. Ist der Fachverband die überprüfende Stelle, so soll dieser hierzu Fachgremien bilden, die sich nach einem vom Verfahren her möglichst gleichen Ablauf intensiv mit den fachlichen Qualifikationen des Antragstellers auseinandersetzen und das Vorliegen überdurchschnittlicher fachlicher Kenntnisse des Antragstellers überprüfen.
Da die Handwerkskammer Gewissheit haben muss, ob der Bewerber über die besondere Sachkunde verfügt, kann sie authentische Nachweise des Bewerbers verlangen. Dies bedeutet, dass der Bewerber in aller Regel seine besondere Sachkunde, die insbesondere die Fähigkeit beinhaltet, auch schwierige fachliche Problemstellungen schriftlich und mündlich in verständlicher und nachvollziehbarer Weise darzustellen, vor einem einschlägigen Fachgremium unter Beweis zu stellen hat. Hierzu hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 23.10.1996 (GewArch 1997, 68) festgestellt, dass die Bestellungskörperschaft befugt ist, den Bewerber zur Feststellung seiner Sachkunde auf ein prüfungsähnliches Verfahren vor einem Fachausschuss zu verweisen und das Prüfungsergebnis ihrer Entscheidung als gutachterliche Stellungnahme zugrunde zu legen. Besteht für das in Frage kommende Sachgebiet kein ständiges Fachgremium, soll der Bewerber seine besondere Sachkunde vor einem "adhoc-Fachgremium" oder einer neutralen, sachkundigen Person nachweisen. Das Verfahren der fachlichen Überprüfung ist vom Fachgremium bzw. der neutralen sachkundigen Person zu protokollieren und in einem Ergebnisbericht, dessen Form von der Handwerkskammer vorgegeben werden kann, zusammenzufassen. Das Verfahren wird zwischen Kammern und Fachverband abgestimmt und soll auch die Bewertung eines schriftlichen Probegutachtens umfassen.

Wird das Verfahren zur fachlichen Überprüfung des Antragstellers von einem Fachverband betreut, so hat dieser den Verlauf des Verfahrens zu protokollieren, den Ergebnisbericht zu prüfen und mit einer bewertenden Stellungnahme an die zuständige Handwerkskammer weiterzuleiten. Aus dieser Stellungnahme muss eindeutig hervorgehen, ob der Antragsteller als fachlich geeignet angesehen wird. Auf Verlangen sind der Handwerkskammer sämtliche Unterlagen zur Verfügung zu stellen.

Ist das Fachgremium oder die neutrale sachkundige Person direkt von einer Handwerkskammer eingesetzt, so hat diese Kammer den korrekten Ablauf der fachlichen Überprüfung sowie die Schlüssigkeit der Bewertung unmittelbar zu prüfen.

3.4 Rechtliche Schulung
Der Antragsteller hat den erfolgreichen Besuch von Seminaren, die der Vermittlung des für das Sachverständigenamt notwendigen rechtlichen Grundwissens dienen, nachzuweisen. Diese Seminare werden von den Bestellungskörperschaften angeboten bzw. vermittelt.

3.5 Weitere Erkenntnisquellen
Zur Überprüfung der Eignungsvoraussetzungen können auch weitere Informationen, insbesondere Referenzen von früheren Auftraggebern oder sonstigen Personen, die kompetent Auskunft über persönliche und fachliche Fähigkeiten wie auch zu den sonstigen Bestellungsvoraussetzungen geben können, beigebracht, bzw. mit Zustimmung des Antragstellers, eingeholt werden. Die Kammer kann zudem die Vorlage eines polizeilichen Führungszeugnisses oder anderer für die Eignungseinschätzung des Antragstellers relevanter Bescheinigungen verlangen sowie geeignete Nachweise zur Belegung geordneter wirtschaftlicher Verhältnisse des Bewerbers.

3.6 Entscheidung über den Antrag
Die Handwerkskammer ist an die eingeholten Stellungnahmen von Fachverband, Innungen und anderen Stellen nicht gebunden.

Die Entscheidung über den Antrag ergeht durch Verwaltungsakt der Handwerkskammer.

§ 4 Aushändigung der Sachverständigenordnung und -richtlinien

4.1 Aushändigung
Die Handwerkskammer händigt dem Sachverständigen vor der Vereidigung ein Exemplar der Sachverständigenordnung und -richtlinien aus. Die Bestimmungen der Sachverständigenordnung sind Satzungsrecht der jeweiligen Handwerkskammer und damit für jeden öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen dieser Handwerkskammer sowie die Handwerkskammer selbst verbindliches Recht. Sie bedürfen zu ihrer Wirksamkeit nicht etwa zusätzlich einer Unterwerfungserklärung des Sachverständigen.

4.2 Bestätigung des Erhalts
Der Sachverständige hat den Erhalt der Sachverständigenordnung und der -richtlinien zu bestätigen. Es handelt sich dabei einmal um einen Empfangsnachweis. Zum anderen beinhaltet die Erklärung des Sachverständigen, dass er sich mit dem Inhalt der SVO und den Richtlinien genauestens vertraut macht und sie beachten werde . Der Sachverständige hat seine Tätigkeit an der Sachverständigenordnung auszurichten und die Richtlinien zu beachten.

§ 5 Öffentliche Bestellung

5.1 Rechtsnatur und Zweck

5.1.1 Rechtsnatur der Bestellung
Die öffentliche Bestellung ist keine Berufszulassung, sondern die Zuerkennung einer besonderen Qualifikation, die der Aussage des Sachverständigen einen erhöhten Wert verleiht. Durch die öffentliche Bestellung erhält der Sachverständige keine hoheitlichen Befugnisse. Die öffentliche Bestellung dient ausschließlich dem Zweck, Gerichten, Behörden und privaten Auftraggebern Sachverständige zur Verfügung zu stellen, die persönlich integer sind und fachlich richtige sowie unparteiische und glaubhafte Sachverständigenleistungen gewährleisten.

5.1.2 Öffentliche Bestellung als Qualifikationsmerkmal
Die öffentliche Bestellung ist darüber hinaus eine geeignete Orientierungshilfe bei der Suche nach Sachverständigen, die durch eine öffentlich-rechtliche Körperschaft wie die Handwerkskammer persönlich und fachlich überprüft worden sind und überwacht werden. Die von öffentlich bestellten Sachverständigen erbrachten Leistungen genießen aus diesem Grund besonderes Vertrauen.

5.2. Rechtsfolgen der Bestellung

5.2.1 Öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis
Durch die öffentliche Bestellung entsteht ein besonderes öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis. Der Sachverständige muß von nun an seine Sachverständigentätigkeiten auf dem Bestellungsgebiet als von der Kammer öffentlich bestellter Sachverständiger erbringen. Der Sachverständige unterliegt der Aufsicht der Kammer, die die Einhaltung der Pflichten des Sachverständigen aus der Sachverständigenordnung überwacht und bei Pflichtverstößen die öffentliche Bestellung widerrufen kann.

5.2.2 Begründung von Pflichten gemäß Sachverständigenordnung
Durch die Aushändigung der Sachverständigenordnung und -richtlinien erhält der Sachverständige einen Überblick über die ihm obliegenden Pflichten.

5.2.3 Sonderbestimmungen in anderen Gesetzen
Der Gesetzgeber hat u.a. folgende Sonderbestimmungen für die öffentlich bestellten Sachverständigen erlassen:

· Sie sind in Zivil- und Strafverfahren bevorzugt zur Gutachtenerstattung heranzuziehen (vgl. §§ 404 Abs. 2 ZPO, 73 Abs. 2 StPO).

· Sie sind verpflichtet, die von ihnen verlangten Gutachten zu erstatten (vgl. §§ 407 Abs. 1 ZPO, 75 Abs. 1 StPO).

· Sie unterliegen einer mit Strafe bewehrten Schweigepflicht (vgl. § 203 Abs. 2 Nr. 5 StGB).

· Ihre Bezeichnung "öffentlich bestellter Sachverständiger" ist durch § 132 a StGB gesetzlich geschützt.


5.3 Regionale Gültigkeit

5.3.1 Bundesweiter Tätigkeitsbereich
Die Tätigkeit des öffentlich bestellten Sachverständigen ist nicht auf den Bezirk der Handwerkskammer beschränkt, von der er öffentlich bestellt worden ist, sondern er kann im gesamten Bundesgebiet sowohl für Gerichte, Behörden als auch private Auftraggeber tätig werden.

5.3.2 Tätigkeit im Ausland
Der Sachverständige darf sich auch im Ausland als öffentlich bestellter Sachverständiger bezeichnen und betätigen, wenn dies dort erlaubt ist und er die Vorschriften der Sachverständigenordnung einhält.

5.4 Bestellung

5.4.1 Verfahrensablauf
Der Sachverständige wird in der Weise öffentlich bestellt und vereidigt, dass ihm erklärt wird,

· er sei als Sachverständiger für das in der Bestellungsurkunde genannte Sachgebiet nach Maßgabe der Vorschriften der Sachverständigenordnung öffentlich bestellt,

· er müsse von nun an die darin genannten Pflichten einhalten und

· ihm die Bestellungsurkunde ausgehändigt wird.

Daraufhin ist er gemäß § 6 SVO zu vereidigen.
Mit der öffentlichen Bestellung ist die Verpflichtung des Sachverständigen verbunden, den Eid bzw. die Bekräftigung nach § 6 SVO zu leisten.

5.4.2 Bedeutung von Bestellung und Vereidigung
Öffentliche Bestellung und Vereidigung bilden einen einheitlichen Vorgang und haben in rechtlicher Hinsicht die Funktion, das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Glaubwürdigkeit und Objektivität des Sachverständigen zu begründen und zu bekräftigen. 

5.4.3 Verpflichtung nach dem Verpflichtungsgesetz / Datenschutzgesetz
Anlässlich seiner öffentlichen Bestellung ist der Sachverständige außerdem nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 des Verpflichtungsgesetzes vom 2.3.1974 in der Fassung vom 1.1.1975 (BGBl. I S. 1974, S. 1942) auf die gewissenhafte Einhaltung seiner Obliegenheiten zu verpflichten und auf die strafrechtlichen Folgen einer Verletzung dieser Pflichten hinzuweisen. Die Handwerkskammer sollte dem Sachverständigen bei seiner Erstbestellung den Text der in Frage kommenden Strafbestimmungen aushändigen. Ferner sind die einschlägigen Landesdatenschutzbestimmungen zu beachten.

5.5 Bestellungsdauer
Die öffentliche Bestellung erfolgt immer für einen bestimmten Zeitraum. Das gilt sowohl für Erstbestellungen als auch für alle Neubestellungen. Die Bestellungsdauer beträgt höchstens 5 Jahre. Auch dadurch wird zur hohen Qualität, zur Bedeutung und zur Erfüllung der wichtigen Funktion des handwerklichen Sachverständigenwesens im Rechts- und Wirtschaftsleben beigetragen. Die Befristung bedeutet, dass die Bestellung mit Ablauf der Frist automatisch erlischt. Es bedarf keiner besonderen Maßnahme der Handwerkskammer.

5.6 Neubestellung
Um eine ununterbrochene öffentliche Bestellung zu gewährleisten, sollte der Sachverständige rechtzeitig vor Ablauf der Bestellungsfrist bei der Handwerkskammer einen Neubestellungsantrag stellen. In der Regel wird die Handwerkskammer von sich aus den Sachverständigen anschreiben und eine Erneuerung der öffentlichen Bestellung vornehmen, wenn dem nicht Gründe entgegenstehen. Die Kammer prüft vor jeder Neubestellung, ob sämtliche Bestellungsvoraussetzungen, insbesondere die besondere Sachkunde und die persönliche Eignung, vorliegen.

5.7 Auflagen
Die öffentliche Bestellung kann mit Auflagen verbunden werden.
Auflagen können im Zusammenhang mit Aufsichtsverfahren gegen öffentlich bestellte Sachverständige von Bedeutung sein, wenn sie unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes als milderes Mittel gegenüber dem Widerruf der öffentlichen Bestellung in Betracht kommen. Kommt der Sachverständige solchen Auflagen nicht nach, kann seine Bestellung widerrufen werden (vgl. § 23 SVO).

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§ 6 Vereidigung

6.1 Der Eid/ die Bekräftigung

6.1.1 Inhalt
Mit dem Sachverständigeneid bzw. mit der Bekräftigung versichert der Sachverständige ernsthaft und feierlich, seine gesamten Leistungen als Sachverständiger (nicht nur die Erstellung von Gutachten) immer nach bestem Wissen und Gewissen, persönlich, unparteiisch, weisungsfrei und unabhängig zu erbringen, insbesondere vor Gericht nach seiner eigenen Überzeugung gewissenhaft und unparteiisch auszusagen.

6.1.2 Bezugnahme auf früheren Eid/ Bekräftigung
Wenn die öffentliche Bestellung eines Sachverständigen erneuert wird oder das Bestellungsgebiet eines bereits tätigen öffentlich bestellten Sachverständigen erweitert wird, ist keine nochmalige ausdrückliche Eidesleistung erforderlich, da der Sachverständige den Eid bereits früher geleistet hat. Es genügt dann die schriftliche Bezugnahme auf den früher geleisteten Eid.

6.1.3 Niederschrift
Zu Beweiszwecken wird die öffentliche Bestellung und Vereidigung in einer Niederschrift festgehalten, die sowohl von dem zuständigen Vertreter der Handwerkskammer als auch von dem Sachverständigen unterzeichnet wird.

6.2 Rechtsfolgen der Eidesverletzung

6.2.1 Strafrechtliche Folgen
Bezieht sich der Sachverständige im Rahmen eines Zivil- oder Strafprozesses ausdrücklich auf den geleisteten Eid, treffen ihn die strafrechtlichen Folgen, die sich aus den §§ 154 ff. StGB ergeben, wenn er eine falsche Aussage machen würde. Die Bezugnahme auf den Eid kann in einem Zivilprozess auch durch schriftliche Erklärung erfolgen.

6.2.2 Zivilrechtliche Folgen
Wird der Sachverständige in einem Gerichtsverfahren vereidigt oder bezieht er sich in einer entsprechenden Formel unter dem Gutachten auf den vor der Kammer geleisteten Eid und leistet er dabei einen Falscheid, entstehen insoweit besondere Schadensersatzpflichten aus unerlaubter Handlung.

6.2.3 Öffentlichrechtliche Folgen
Verstößt der Sachverständige gegen die durch den Eid besonders bekräftigten Pflichten nach der Sachverständigenordnung, kann seine öffentliche Bestellung widerrufen werden. Durch den Widerruf der Bestellung wird der Eid gegenstandslos; es bedarf daher keiner besonderen Rücknahme des Eides. Ein Sachverständiger darf sich nach dem Widerruf der Bestellung nicht mehr als "vereidigter Sachverständiger" oder "ehemals öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger" o.ä. bezeichnen (vgl. 25.2 der Erläuterungen).

6.3 Erstreckung auf die Prozeßordnungen
Die Vereidigung im Rahmen der öffentlichen Bestellung ist eine allgemeine Vereidigung im Sinne der Zivil- bzw. Strafprozessordnung sowie anderer Prozessordnungen.

§ 7 Aushändigung von Bestellungsurkunde, Ausweis und Rundstempel

7.1 Zweck der Bestellungsunterlagen
Der Ausweis und die Bestellungsurkunde und der Rundstempel haben den Zweck, jedem potentiellen Nachfrager dokumentieren zu können, dass der Sachverständige öffentlich bestellt und vereidigt wurde und wer die zuständige Bestellungsbehörde ist. Die Einzelheiten des richtigen Gebrauchs dieser Unterlagen werden in § 13 SVO ausführlich geregelt.

7.2 Eigentumsrecht der Kammer
Die Unterlagen bleiben Eigentum der Kammer, so dass sie im Verfahren eines Widerrufs oder einer Rücknahme (§ 23 SVO) oder nach Eintritt eines Erlöschungsgrundes (§ 22 SVO) aufgrund des Eigentumsrechts der Kammer wieder zurückverlangt werden können. Ein öffentlich-rechtlicher Rückgabeanspruch ergibt sich aus § 24 SVO.

§ 8 Bekanntmachung

8.1 Bekanntmachung im Bekanntmachungsorgan der Kammer
Die öffentliche Bekanntmachung der Bestellung und Vereidigung eines Sachverständigen erfolgt in dem amtlichen Bekanntmachungsorgan der Handwerkskammer.
In gleicher Weise sind Sachgebietsänderungen und das Erlöschen der Bestellung (§ 25 SVO) bekannt zu machen.

8.2 Aufnahme in das Sachverständigenverzeichnis
Namen, Adressen, Telefonnummern, Telefaxnummern, E-mail-Adressen und andere Kommunikationsmittel, Sachgebietsbezeichnungen und Spezialisierungen der öffentlich bestellten Sachverständigen werden in die von den Kammern regional oder überregional herausgegebenen Sachverständigenverzeichnisse und Datenbanken aufgenommen und verbreitet. Diese Angaben können auch an andere datenverarbeitende Unternehmen oder Organisationen weitergegeben werden, damit dort eine Speicherung der Daten auf allen Datenträgern in allen Medien erfolgen kann.

8.3 Auskünfte an Dritte
Die Kammer kann jedermann auf Anfrage Name, Adresse, Telefonnummer, Telefaxnummer, E-mail-Adresse und andere Kommunikationsmittel, Sachgebietsbezeichnung und Spezialisierungen eines öffentlich bestellten Sachverständigen mitteilen, da die öffentliche Bestellung ausschließlich im öffentlichen Interesse erfolgt. Sie kann darüber hinaus die Daten an Interessenten wie Gerichte, Behörden, Rechtsanwälte und sonstige Nachfrager versenden.

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§ 9 Unparteiische Aufgabenerfüllung

9.1 Unabhängigkeit der Gutachtenerstellung

9.1.1 Unterbindung jeglicher Einflussnahme von außen
Der Sachverständige darf bei der Erbringung seiner Leistung keiner Einflussnahme von außen unterliegen, die geeignet ist, seine Feststellungen, Bewertungen und Schlussfolgerungen so zu beeinflussen, dass die gebotene Objektivität der Leistung und die Glaubwürdigkeit seiner Aussagen nicht mehr gewährleistet sind. Mithin darf ein Sachverständiger u.a. 

· keine Gefälligkeitsgutachten erstatten, insbesondere keine fachlichen Weisungen seiner Auftraggeber befolgen oder deren Wünschen hinsichtlich eines bestimmten Ergebnisses entsprechen;

· keine Gutachten für Verwandte, Freunde oder sonstige Personen erstatten, zu denen er in einem engen persönlichen Verhältnis steht;

· keine Gutachten über einen längeren Zeitraum ganz überwiegend für nur einen einzigen Auftraggeber (z.B. eine bestimmte Versicherung, einen bestimmten Bauträger) erbringen;

· keine sonstigen Bindungen vertraglicher oder persönlicher Art eingehen, die seine Unabhängigkeit bei der Gutachtenerstattung in Frage stellen können;

· keine Vergütung für die Vermittlung von Gutachtenaufträgen zahlen, keine Sonderzahlungen entgegennehmen oder keine Vergütungen annehmen, die weit über das übliche Honorar vergleichbarer Leistungen hinausgehen;

· sich keine sonstigen Vorteile versprechen bzw. gewähren lassen.

9.1.2 Unabhängigkeit für angestellte Sachverständige
Das Einkommen eines angestellten Sachverständigen oder eines Sachverständigen in einer Sozietät darf nicht an die Zahl und die Ergebnisse seiner Gutachten gekoppelt werden.

9.2 Weisungsfreiheit

9.2.1 Unzulässige Vorgaben
Der Sachverständige darf bei der Erbringung seiner Leistungen nicht verpflichtet werden, Vorgaben einzuhalten, die die tatsächlichen Ermittlungen, die Bewertungen und Schlussfolgerungen derart beeinflussen, dass unvollständige oder fehlerhafte Gutachtenergebnisse verursacht werden.

9.2.2 Trennung zwischen zulässigen und unzulässigen Vorgaben
Es muss sorgfältig zwischen Anweisungen zum Gutachtengegenstand, Beweisthema und Umfang des Gutachtens auf der einen und der fachlich-technischen, bewertungs- und ergebnisbezogenen Weisung auf der anderen Seite unterschieden werden. Die erste Alternative ist rechtlich nicht zu beanstanden, weil nur der Auftraggeber bestimmen kann, was Gegenstand einer gutachterlichen Untersuchung sein soll. Die zweite Alternative ist unzulässig und darf vom Sachverständigen unter keinen Umständen akzeptiert werden (vgl. 9.4).

9.2.3 Sachverständige im Angestelltenverhältnis
Die Ausführungen zu 9.2.1 und 9.2.2 gelten insbesondere dann, wenn der Sachverständige seine gutachterlichen Leistungen in einem Angestelltenverhältnis erbringt (vgl. § 2 Abs. 3 SVO). Dort sind jedoch organisatorische Anweisungen des Arbeitgebers an den angestellten Sachverständigen zulässig. Mithin kann der Arbeitgeber beispielsweise die Höhe des Gehalts, die Arbeitsbedingungen, die Urlaubszeit und die Verteilung der Aufträge regeln.

9.3 Persönliche Aufgabenerfüllung

9.3.1 Gebot höchstpersönlicher Gutachtenrecherche und -erstellung
Der Sachverständige ist verpflichtet, die von ihm verlangten Aufgaben, insbesondere seine Gutachtenaufträge, in eigener Person zu erledigen. Dies bedeutet, dass alle wesentlichen Teile der Tatsachenermittlung (vgl. 9.4.7 und 11.2.1 der Erläuterungen), die Orts- oder Objektbesichtigung und die daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen, Bewertungen sowie die Formulierung des Gutachtens von ihm selbst durchgeführt werden müssen bzw. erfolgen. Sämtliche Sachverständigenleistungen müssen auf der Anwendung seiner fachlichen Qualifikation und Erfahrung beruhen. Dies gilt sowohl für Gerichtsgutachten als auch für Privatgutachten und sonstige Sachverständigenleistungen. Die Verpflichtung zur persönlichen Aufgabenerfüllung besteht ausnahmslos.

9.3.2 Eigene Verantwortung
Es ist mithin nicht zulässig, dass der Sachverständige nur formal und nach außen hin die Verantwortung für die unter seinem Namen abgegebenen gutachterlichen Äußerungen übernimmt. Er muss seine Leistungen vielmehr in allen wesentlichen Teilen selbst erbringen, um sie jederzeit selbst in der Öffentlichkeit vertreten, erläutern, ergänzen oder zu abweichenden Feststellungen und Meinungen anderer Sachverständiger Stellung nehmen zu können.

9.4 Gewissenhaftes Handeln
Gewissenhaftes Handeln erfordert vom Sachverständigen

· sorgfältige Prüfung, ob das Beweisthema (bei Gerichtsauftrag) oder der Auftrag (bei Privatauftrag) innerhalb des Sachgebiets liegt, für das der Sachverständige öffentlich bestellt ist. Bei negativem Ergebnis hat der Sachverständige den Auftraggeber unverzüglich darauf hinzuweisen, dass er für das in Frage kommende Sachgebiet nicht öffentlich bestellt ist. In Zweifelsfällen ist vor Auftragsübernahme seine Zuständigkeit mit dem Auftraggeber zu erörtern und ggf. mit der Kammer zu klären. Betrifft der Auftrag nur zum Teil das eigene Sachgebiet, so ist der Auftraggeber auch auf diesen Umstand hinzuweisen. Nur auf dessen ausdrücklichen Wunsch darf ein weiterer, fachlich zuständiger Sachverständiger hinzugezogen werden.

· unverzügliche Prüfung, ob der Auftrag innerhalb der gesetzten oder vereinbarten Frist oder in angemessener Zeit durchgeführt werden kann. Ist das nicht der Fall, muss der Sachverständige den Auftraggeber vor Übernahme des Auftrags entsprechend unterrichten und dessen Antwort abwarten.

· unverzügliche Prüfung, ob der Sachverständige die Annahme des Auftrags wegen Besorgnis der Befangenheit (vgl. 9.5 der Erläuterungen) oder gesetzlicher Verweigerungsgründe ablehnen oder sich vom Gericht vom Auftrag entbinden lassen muss (vgl. die Erläuterungen zu § 10 SVO).
Ablehnen sollte der Sachverständige die Übernahme des Gutachtenauftrags bei einem Privatauftrag auch dann, wenn er Grund zur Annahme hat, dass das Gutachten missbräuchlich verwendet oder das Ergebnis verfälscht werden soll. Vorsicht ist geboten, wenn bei der Besprechung des Gutachtenauftrags vom Sachverständigen bestimmte Zusicherungen hinsichtlich des Ergebnisses des Gutachtens verlangt werden oder gewünscht wird, dass bestimmte Tatsachen oder Unterlagen unberücksichtigt bleiben sollen.

· unverzügliche Bestätigung der Auftragsannahme sowie des Eingangs wichtiger Unterlagen (z.B. Gerichtsakten, Beweisstücke und dergl.).

· bei gerichtlichem Auftrag Hinweis an das Gericht, wenn der vom Gericht angeforderte Kostenvorschuss in auffälligem Missverhältnis zu den voraussichtlich erwachsenden Kosten des Gutachtens steht. Vor Arbeitsbeginn ist die Entscheidung des Gerichts abzuwarten.
Eine entsprechende Aufklärungspflicht besteht auch gegenüber einem privaten Auftraggeber, insbesondere dann, wenn die Kosten des Gutachtens erkennbar den Streitwert erreichen oder ihn überschreiten. Bei einem Privatauftrag wird dringend der Abschluss eines schriftlichen Vertrages empfohlen, in dem mindestens die detaillierte Fragestellung und das Honorar einschließlich der Nebenkosten zu regeln sind.

· die Unterrichtung des Auftraggebers über Verzögerungen während der Bearbeitung des Auftrags. Eine entsprechende Unterrichtungspflicht besteht auch dann, wenn sich während der Bearbeitung herausstellt, dass die Durchführung des Auftrags teurer wird als ursprünglich angenommen (als z.B. im Kostenvoranschlag angegeben).

· die Beantwortung aller im Auftrag gestellten Fragen, wobei sich der Sachverständige genau an das Beweisthema bzw. an den Inhalt des Auftrags zu halten hat. Die tatsächlichen Grundlagen für eine Sachverständigenaussage sind sorgfältig zu ermitteln und die erforderlichen Besichtigungen persönlich vorzunehmen. Jeder Auftrag ist mit der Sorgfalt eines öffentlich bestellten Sachverständigen zu erledigen und dabei der aktuelle Stand von Wissenschaft, Technik und Praxiserfahrung zu berücksichtigen. Gutachten sind systematisch aufzubauen, übersichtlich zu gliedern, nachvollziehbar zu begründen und auf das Wesentliche zu beschränken (vgl. 11.1 der Erläuterungen). Kommen für die Beantwortung der gestellten Fragen mehrere Lösungen ernsthaft in Betracht, so hat der Sachverständige diese darzulegen und den Grad der Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit der einzelnen Lösungen gegeneinander abzuwägen.

9.5 Unparteiisches Verhalten

9.5.1 Besorgnis der Befangenheit
Der Sachverständige hat seine Leistungen so zu erbringen, dass er sich weder im Gerichtsverfahren noch bei Privatauftrag dem Einwand der Befangenheit aussetzt. Er hat bei der Vorbereitung des Gutachtens strikte Neutralität zu wahren, muss die gestellten Fragen objektiv und unvoreingenommen beantworten und darf zu den Auftraggebern und  in Gerichtsverfahren - zu den Prozessparteien nicht in einem Verhältnis stehen, das zu Misstrauen Anlass gibt. Auf Gründe, die geeignet sind, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen, hat er seinen jeweiligen Auftraggeber unverzüglich hinzuweisen. So muss der Sachverständige das Gericht sofort darüber informieren, wenn er in derselben Angelegenheit für eine der Parteien schon ein Privatgutachten erstattet, sie bei der Ausführung der zu begutachtenden Arbeiten beraten oder er ihr schon privat eine erste Einschätzung über die Qualität der Arbeiten gegeben hat.

9.5.2 Unzulässige Vorteilsannahme
Der Sachverständige darf zusätzlich zu der gesetzlichen oder der vertraglich vereinbarten Vergütung keine unmittelbaren oder mittelbaren Vorteile annehmen, die geeignet sind, Zweifel an seiner Unparteilichkeit zu begründen. Die vertraglich vereinbarte Vergütung sollte sich in einem angemessenen Rahmen bewegen.

9.5.3 Persönliche Beziehungen zu Beteiligten
Der Sachverständige darf nicht zu Personen, Unternehmen, Organisationen oder Behörden in Abhängigkeit stehen, die mit den einzelnen Gutachtenaufträgen in Verbindung gebracht werden können. Unabhängigkeit von Personen bedeutet, dass der Sachverständige keinen Auftrag übernehmen darf, wenn er mit dem Auftraggeber oder dessen Gegner in Gerichtsverfahren mit einer Prozesspartei verheiratet, verwandt, verschwägert oder befreundet oder verfeindet ist (vgl. 9.1.2 und 10.3.1 der Erläuterungen). Das gleiche gilt, wenn der Sachverständige zu einem Beteiligten ständig nicht nur unerhebliche geschäftliche Beziehungen unterhält.

9.5.4 Verpflichtung zu Objektivität und Neutralität
Der Sachverständige muss bei der Auftragsdurchführung neutral sein und muss bei der Behandlung von Sachfragen den Grundsatz der Objektivität beachten. Bei den notwendigen Handlungen, Maßnahmen und Arbeiten zur zweckmäßigen Erledigung eines Auftrags hat er bereits jeden Anschein der Parteilichkeit und der Voreingenommenheit zu vermeiden.

9.5.5 Umgang mit den Parteien
Neutralität während der Gutachtenerstattung bedeutet, dass der Sachverständige bei Gerichtsauftrag zur Orts- und Objektbesichtigung stets beide Parteien lädt und auch beide Parteien teilnehmen lässt und dass er die jeweils andere Partei unterrichtet, wenn er bei einer Partei Unterlagen anfordert oder Auskünfte einholt. Im übrigen sollten während der Erarbeitung des Gerichtsgutachtens keine Kontakte zu den Parteien stattfinden.

Bei privatgutachterlicher Tätigkeit sollte der Sachverständige dem Auftraggeber im Vorfeld darauf hinweisen, dass es sinnvoll ist, auch die andere "Partei" zum Ortstermin einzuladen. Der Sachverständige hat hierbei den Weisungen des Auftraggebers zu folgen.

9.5.6 Objektivität in Sachfragen
Objektivität in Sachfragen bedeutet, dass der Sachverständige keine Vorurteile gegen ein bestimmtes Produkt, eine bestimmte Untersuchungsmethode oder eine bestimmte Lehrmeinung haben darf. In gleicher Weise sind ungerechtfertigte Bevorzugungen unzulässig. Falls erforderlich, hat er sich mit abweichenden Methoden und Lehrmeinungen im Gutachten in der gebotenen Sachlichkeit auseinanderzusetzen.

9.5.7 Untersagung gutachterlicher Tätigkeit für beide Parteien
Der Sachverständige darf keine Gutachten in derselben Sache für beide sich streitenden Parteien erstatten, es sei denn, beide Parteien erklären sich ausdrücklich damit einverstanden (Schiedsgutachten).

9.5.8 Untersagung gutachterlicher Tätigkeit in eigener Sache
Der Sachverständige darf keine Sachverständigenleistungen in eigener Sache oder für Objekte oder über Leistungen seines Arbeitgebers oder Dienstherren erstatten.

9.5.9 Verbot von Verkaufsvermittlung oder Ankauf
Der Sachverständige darf nicht Gegenstände, die er bei seiner Sachverständigentätigkeit begutachtet hat, gegen eine Vergütung anderen Personen verkaufen, zum Kauf anbieten oder sie selbst ankaufen. Von diesem Verbot kann mit Zustimmung der Handwerkskammer in besonderen Ausnahmefällen abgewichen werden.
Ein derartiger Ausnahmefall kann etwa dann gegeben sein, wenn bei objektiver Betrachtungsweise kein Zusammenhang zwischen Begutachtung und Verkaufsvermittlung oder Ankauf besteht. Ein Zusammenhang ist in der Regel nicht anzunehmen, wenn seit der Begutachtung durch den Sachverständigen ein längerer Zeitraum verstrichen ist, der betreffende Gegenstand seinen Eigentümer gewechselt hat, oder der Gegenstand allgemein zum Kauf angeboten oder versteigert wird.

9.5.10 Verbot der Mängelbeseitigung
Hat der Sachverständige bei seiner Begutachtung Mängel an den ausgeführten Arbeiten festgestellt, so darf weder er selbst noch der Betrieb, in dem er tätig ist, diese Mängel beheben. Das gilt auch dann, wenn das ursprünglich mit der Ausführung der Arbeiten beauftragte Unternehmen zur Nachbesserung nicht bereit ist und der Auftraggeber des Sachverständigen erst nach Fertigstellung des Gutachtens an ihn die Bitte richtet, die vorgefundenen Mängel zu beseitigen.
Von dem Verbot der Mängelbeseitigung durch den Sachverständigen sind nur in ganz besonderen Fällen Ausnahmen möglich, und zwar nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Handwerkskammer. Bei ihr hat der Sachverständige unter Darlegung der Sachlage vorher die Genehmigung zur Mängelbeseitigung zu beantragen. Die Kammer legt bei der Prüfung, ob ein besonderer Ausnahmefall gegeben ist, strenge Maßstäbe an. Für eine Zustimmung der Handwerkskammer ist immer erforderlich, dass der Auftraggeber ausdrücklich wünscht, dass der Sachverständige oder der Betrieb, in dem er tätig ist, die von ihm festgestellten Mängel selbst behebt und die andere Partei hiergegen keine Einwände erhebt. Eine entsprechende schriftliche Erklärung des Auftraggebers hat der Sachverständige auf Verlangen der Kammer einzureichen.

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§ 10 Verpflichtung zur Gutachtenerstattung, Ablehnung

10.1 Pflicht zur Gutachtenerstattung

10.1.1 Öffentliche Bestellung bezweckt Verfügbarkeit
Mit der öffentlichen Bestellung ist zwingend die Erwartung verbunden, dass der öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige auch zur Gutachtenerstattung nicht nur den Gerichten, sondern ebenso den privaten Auftraggebern zur Verfügung steht.
Beim öffentlich bestellten Sachverständigen ergibt sich die Verpflichtung zur Gutachtenerstattung aus Sinn und Zweck der öffentlichen Bestellung, die ihren Zweck geradezu verfehlen würde, wenn der Sachverständige gleich aus welchen Gründen nicht in der Lage oder willens wäre, seine Sachkunde auch unter Berücksichtigung seiner sonstigen beruflichen Verpflichtungen angemessen für die gutachterliche Tätigkeit zur Verfügung zu stellen.

10.1.2 Gerichtliche Gutachtertätigkeit
Der vom Gericht benannte Sachverständige ist bereits von Gesetzes wegen zur Erstattung von Gutachten verpflichtet (§ 407 ZPO und § 75 StPO).
Im Falle der unbegründeten Verweigerung der Erstattung eines Gutachtens bei Gericht oder des Nichterscheinens zum angeordneten Termin kann der Sachverständige mit Ordnungsgeld belegt und ggf. auch zum Ersatz entstandener Kosten herangezogen werden. Dasselbe trifft zu, wenn Gutachten nicht fristgemäß eingereicht werden.

10.1.3 Privatgutachterliche Tätigkeit
Auch wenn die privatgutachterliche Tätigkeit im Grundsatz auf dem Werkvertragsrecht des BGB beruht, das keine verpflichtende Bestimmung zur Annahme von Aufträgen enthält, so wird mit § 10 Abs. 2 SVO insofern eine abweichende Regelung getroffen und die Verpflichtung zur Gutachtenerstattung auch im außergerichtlichen Bereich festgeschrieben.
Die Regelung, dass die Kammer über (schriftliche) Ablehnungen zu informieren ist, darf vom Sachverständigen auf keinen Fall ignoriert werden und macht das Anliegen der Kammer deutlich, die bestellten Sachverständigen auch nachdrücklich in die Pflicht zur Gutachtenerstattung gegenüber Privatauftraggebern zu nehmen und bei Ablehnung die Gründe zu prüfen.

10.2 Ausnahmegründe
Der Grundsatz, dass ein Sachverständiger zur Erstattung von Gutachten verpflichtet ist, wird nur in wenigen Ausnahmefällen durchbrochen. Aus den Gründen, die einen Zeugen zur Zeugnisverweigerung berechtigen, kann nach den gesetzlichen Bestimmungen auch ein Sachverständiger die Erstattung eines Gutachtens verweigern (vgl. §§ 408 Abs. 1 Satz 1, 383, 384 ZPO und §§ 76 Abs. 1 Satz 1, 52 StPO).

Als Verweigerungsgründe können u.a. in Betracht kommen:

· Der Sachverständige ist mit einer Partei verlobt, verheiratet, verwandt oder verschwägert;

· das Gutachten bezieht sich auf Fragen, die der Sachverständige nicht beantworten könnte, ohne ein Kunst- oder Gewerbegeheimnis zu offenbaren (vgl. die Erläuterungen zu § 16 SVO);

· dem Sachverständigen wurden Kraft seines Amtes, Standes oder Gewerbes Tatsachen anvertraut, deren Geheimhaltung durch ihre Natur oder durch gesetzliche Vorschriften geboten ist; der Sachverständige ist dann bezüglich der Tatsachen, auf die sich die Verpflichtung zur Verschwiegenheit bezieht, berechtigt, das Gut-achten zu verweigern.

Sonstige Gründe, die von der Verpflichtung zur Gutachtenerstattung ausnahmsweise entbinden können, sind beispielsweise:

· Erfordernis von spezialisierten Kenntnissen, die trotz überdurchschnittlicher Kenntnisse auf dem Bestellungsgebiet nicht allgemein erwartet werden können, wenn diese Spezialkenntnisse im notwendigen Umfang nicht gegeben sind;

· Umstände, die eine rechtzeitige Erstattung des Gutachtens nicht zulassen, wie längere Erkrankungen oder Überlastung durch zahlreiche andere Gutachtenverpflichtungen.

10.3 Mißtrauen gegen Unparteilichkeit

10.3.1 Besorgnis der Befangenheit
Der Sachverständige kann auch aus anderen Gründen von seiner Verpflichtung zur Gutachtenerstattung entbunden werden (vgl. §§ 408 Abs. 1 Satz 2 ZPO, 76 Abs. 1 Satz 2 StPO).
Solche Gründe sind insbesondere dann gegeben, wenn Umstände vorliegen, die geeignet sind, berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit des Sachverständigen aufkommen zu lassen (Besorgnis der Befangenheit). Auf die Erläuterungen unter 9.5. wird in diesem Zusammenhang verwiesen.
Besorgnis der Befangenheit bedeutet nicht, dass tatsächlich eine Befangenheit des Sachverständigen gegeben sein muss, sondern, dass allein die begründete Befürchtung einer Partei ausreicht, dass der Sachverständige befangen sein könnte.
Sowohl vor Gericht wie auch außergerichtlich muss der Sachverständige jeweils zu dem Zeitpunkt, zu dem es für ihn erkennbar wird, auf Gründe hinweisen, die geeignet sind, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. An folgende Befangenheitsgründe ist in erster Linie zu denken:

· Freundschaft oder nähere Geschäftsbeziehungen zu einer Partei;

· persönliche oder wirtschaftliche Abhängigkeit von einer Partei;

· vorangegangene Tätigkeit in derselben Angelegenheit für eine Partei;

· "Intimfeindschaften"

Eine allgemeine Konkurrenzsituation zu einer Partei bildet für sich genommen keinen hinreichenden Grund für eine Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit.

10.3.2 Ablehnung, Hinweispflicht
Der Sachverständige muss bei Vorliegen eines wichtigen Ablehnungs oder Befangenheitsgrundes seinen Auftraggeber informieren und ihm Gelegenheit geben, ihn zu entpflichten oder den Auftrag zurückzunehmen bzw. seinem potentiellen Auftraggeber unverzüglich anzeigen, dass er die Gutachtenerstattung ablehnen muss. Dem Auftraggeber sind die Gründe für die Ablehnung mitzuteilen. Lehnt der Sachverständige die Erstellung des Gutachtens schriftlich ab, so hat er der Handwerkskammer eine Durchschrift oder Kopie des Ablehnungsschreibens zuzuleiten.
Die Pflicht des Sachverständigen, auf mögliche Befangenheits- oder Ablehnungsgründe frühzeitig hinzuweisen, besteht sowohl bei Gerichts- als auch bei Privatgut-achten. Wenn bei der Beauftragung durch ein Gericht diesbezügliche Fragen oder Zweifel bei dem Sachverständigen auftreten sollten, ist dringend zu empfehlen, dass er die Abstimmung mit dem Richter sucht. Das kann in der Regel durch ein telefonisches Gespräch geschehen.

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§ 11 Form der Gutachtenerstattung

11.1 Allgemeine Anforderungen an das Gutachten

11.1.1 Übersichtlichkeit
Das Gutachten muß systematisch aufgebaut und übersichtlich gegliedert sein.

11.1.2 Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit
Der Sachverständige "meint nicht, glaubt nicht, vermutet nicht", "nimmt nicht an", sondern er "weiß". Deshalb muss das Gutachten in der Aussage eindeutig, im Gedankengang für den Laien nachvollziehbar und für den Fachmann nachprüfbar sein.
Nachprüfbarkeit bedeutet, dass die das Gutachten tragenden Feststellungen, die Schlussfolgerungen und Bewertungskriterien so dargestellt sind, dass sie von einem anderen Sachverständigen ohne Schwierigkeiten als richtig oder falsch erkannt werden können. Die Tatsachen und die Erkenntnisquellen (Ortstermin, Ergebnisse von Voruntersuchungen, technische Vorschriften, Literatur usw.), die der Sachverständige seiner Bewertung zugrunde gelegt hat, sind von ihm vollständig darzustellen. Anschließend ist auf der Grundlage des Auftragsgegenstandes bzw. der Beweisfragen verständlich zu begründen, aus welchen Gründen der Sachverständige welche Schlussfolgerungen zieht.

11.1.3 Beschränkung auf das Wesentliche
Im Interesse der Übersichtlichkeit, Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit ist das Gutachten auf das Wesentliche zu beschränken. Ausführungen, die keinen unmittelbaren Bezug zum Beweisthema bzw. zum Auftragsgegenstand haben, sind zu unterlassen.

11.1.4 Verständliche Formulierungen
Das Gutachten muss für den Adressaten verständlich formuliert sein und hat nicht allgemein verständliche Fachausdrücke möglichst zu vermeiden bzw. zu erläutern.

11.1.5 Formale Anforderungen
Das Gutachten ist in der Regel in Maschinenschrift und auf einem Briefbogen, der den Vorschriften der §§ 12 Abs. 3, 13 und 18 SVO entspricht, abzufassen.
Gutachtenformulare, auch des Auftraggebers, dürfen nur dann benutzt werden, wenn ihre Gestaltung den zuvor genannten Bestimmungen der SVO entspricht und der Sachverständige nicht durch Vorgaben in seiner fachlichen Unabhängigkeit und Objektivität beeinträchtigt wird (vgl. 9.1 der Erläuterungen). 

11.2 Persönliche Aufgabenerfüllung und Hilfskräfte

11.2.1 Erledigung in eigener Person
Der Sachverständige ist verpflichtet, die von ihm verlangten Sachverständigenleistungen selbst, also in eigener Person zu erbringen (vgl. 9.3 der Erläuterungen).

11.2.2 Verbot der Blanko-Unterschrift
Erteilt der Sachverständige Blanko-Unterschriften, verstößt er in grober Weise gegen seine Pflicht zur persönlichen Aufgabenerledigung, so dass geeignete Maßnahmen zu treffen sind (z.B. Widerruf der Bestellung).

11.2.3 Einsatz von Hilfskräften
Hilfskräfte darf der Sachverständige grundsätzlich nur bei der Vorbereitung seiner Gutachten einsetzen. Hilfskraft des Sachverständigen kann nur derjenige sein, der, sei er angestellt oder selbständig, den Weisungen des Sachverständigen unterliegt und der, falls er eine fachlich der Leistung des Sachverständigen zugehörige qualifizierte Arbeit leistet (z.B. Aufnahme von Maßen), auf demselben Arbeitsgebiet tätig ist wie der beauftragte Sachverständige. Einer Hilfskraft können und dürfen nur solche Aufgaben übertragen werden, die der Sachverständige aufgrund seiner Sachkunde auch hätte persönlich erledigen können. Anderenfalls kann der Sachverständige für die Richtigkeit der Hilfskraftarbeiten nicht mehr die geforderte Verantwortung übernehmen. Der bei dem Sachverständigen angestellte öffentlich bestellte Sachverständige oder ein von dem Sachverständigen beauftragter Sachverständiger einer anderen Fachdisziplin ist keine Hilfskraft im Sinne des § 11 Abs. 2 SVO. Wenn sich solche Sachverständige mit Einverständnis des Auftraggebers zu einer gemeinsamen Aufgabenerledigung zusammenschließen, handelt es sich um ein sog. Gemeinschaftsgutachten, wobei deutlich gemacht werden muss, wer für welchen Teil des Gutachtens verantwortlich zeichnet.

11.2.4 Folgen der höchstpersönlichen Gutachtenerstattungspflicht
Aus den Vorgaben 11.2.1 und 11.2.2 der Erläuterungen leiten sich folgende Forderungen ab:

11.2.4.1
Der Sachverständige trägt unabhängig von Art und Umfang der Mitwirkung von Hilfskräften und ihrer Überwachung für Inhalt und Ergebnis seiner gutachterlichen Leistungen persönlich die volle und auf keinen anderen abwälzbare Verantwortung.

11.2.4.2
Der Sachverständige darf Hilfskräfte, seien sie bei ihm angestellt oder seien sie als Selbständige für den einzelnen Gutachtenfall herangezogen worden, grundsätzlich nur zu Vorbereitungsarbeiten einsetzen. Vorbereitungsarbeiten sind nur solche Tätigkeiten, die keinen Beurteilungs- oder Bewertungsspielraum erfordern bzw. zulassen. Typische Aufgaben von Hilfskräften sind das Aufmaß nach festen Vorgaben, das Bedienen von Maschinen sowie Substanzeingriffe unter Aufsicht des Sachverständigen.

11.2.4.3
Der Umfang der Tätigkeit von Hilfskräften ist im Gutachten kenntlich zu machen.

11.2.4.4
Der Sachverständige darf Arbeitsergebnisse von Hilfskräften nicht ungeprüft übernehmen.

11.2.5 Auswahl der Hilfspersonen
Der Sachverständige muss seine Hilfskräfte im Hinblick auf ihre fachliche Eignung und ihre persönliche Zuverlässigkeit sorgfältig auswählen, einweisen, anleiten, über-wachen und fortbilden. Art und Umfang der Verpflichtung zur Überwachung und Anweisung im Einzelfall bestimmen sich nach dem Maß der Sachkunde und Zuverlässigkeit der Hilfskraft sowie den Gegebenheiten des einzelnen Auftrags, vor allem der Schwierigkeit des zu erstellenden Gutachtens.

11.2.6 Pflichten der Hilfskräfte
Der Sachverständige hat sicherzustellen, dass durch seine Hilfskräfte - mit oder ohne sein Wissen - nicht gegen die Pflichten verstoßen wird, die ihm nach der Sachverständigenordnung auferlegt sind. Insbesondere muss die Hilfskraft auf die Einhaltung der Schweigepflicht verpflichtet werden. Es empfiehlt sich, diese Verpflichtung nachweisbar, insbesondere schriftlich, vorzunehmen.

11.2.7 Keine Unterschrift durch Hilfskräfte
Es ist unzulässig, dass Hilfskräfte das Gutachten alleine oder zusammen mit dem beauftragten Sachverständigen unterschreiben.

11.2.8 Keine Vertretung durch Hilfskräfte
Hilfskräfte dürfen den Sachverständigen nicht, auch nicht vorübergehend, vertreten.

11.2.9 Versicherung der Hilfskräfte
Der Sachverständige soll beim Abschluss einer Haftpflichtversicherung auch die Tätigkeit seiner Hilfskräfte in erforderlichem Umfang absichern.

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§ 12 Gemeinschaftsgutachten, Feststellungen von Hilfskräften

12.1 Möglichkeit von Gemeinschaftsgutachten
Die Erarbeitung eines Gutachtens durch mehrere öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige (Gemeinschaftsgutachten) ist nach den in § 12 SVO dargelegten Regeln möglich. Dadurch ergibt sich für den Sachverständigen des Handwerks die Gelegenheit, z. B. über Zusammenschlüsse mehrerer Sachverständiger (s. § 21 SVO) aus unterschiedlichen Gewerken, gegenüber dem Auftraggeber gewerksübergreifende Sachverständigenleistungen anzubieten.

Da die Bestellungskompetenz eines Sachverständigen des Handwerks ausschließlich auf sein jeweiliges Gewerk bezogen ist (Der Rechtsgedanke des § 5 HwO gilt für die Sachverständigentätigkeit im Handwerk nicht), können somit Gemeinschafts-gutachten dazu beitragen, einem Auftraggeber die Gutachteneinholung zu einem komplexen Fragenfeld, das mehrere Gewerbe umfasst, zu erleichtern.

Auf der anderen Seite trägt die Möglichkeit von Gemeinschaftsgutachten zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit von Sachverständigen des Handwerks bei, die durch die Abgrenzungen der Gewerke ansonsten gegenüber den zumeist weiter gefassten Bestellungsfeldern anderer öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger oft als eher eingeschränkt erfahren wurde.

12.2 Voraussetzungen für Gemeinschaftsgutachten
Als Voraussetzungen für Gemeinschaftsgutachten sind folgende Gesichtspunkte unbedingt zu beachten:

* Die Erstellung von Gemeinschaftsgutachten ist nur mit anderen Sachverständigen möglich, die ebenfalls öffentlich bestellt und vereidigt sind (allerdings unabhängig von der Bestellkörperschaft).
Gemeinschaftsgutachten mit Sachverständigen, die nicht öffentlich bestellt und vereidigt sind, sind nicht zulässig. Dies ergibt sich aus der Bestimmung, dass das Gutachten von allen beteiligten Sachverständigen unterschrieben und mit ihrem Rundstempel versehen werden muss (§ 12 Abs. 1 SVO in Verbindung mit § 21 Abs. 1 Satz 2 SVO). So können öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige des Handwerks durchaus auch mit öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen der Industrie- und Handelskammern, der Ingenieurkammern, der Architektenkammern usw. Gemeinschaftsgutachten erstellen.

* Der Auftraggeber muss dieses Gemeinschaftsgutachten ausdrücklich wünschen und den Auftrag somit auch jeweils persönlich allen mitwirkenden Sachverständigen erteilen. Bei rechtlich verselbständigten Zusammenschlüssen (z. B. GmbH) kann der Auftrag an den Zusammenschluss erfolgen.

* Eine eigenmächtige Delegation von Teilen eines Auftrages durch den beauftragten Sachverständigen an einen anderen Sachverständigen bzw. eigenmächtige Hinzuziehung von weiteren Sachverständigen durch den beauftragten Sachverständigen ist ohne Zustimmung des Auftraggebers nicht möglich.


12.3 Persönliche Verantwortung bei Gemeinschaftsgutachten
Aus dem Grundsatz der höchstpersönlichen Leistungserbringung ergibt sich, dass bei einem Gemeinschaftsgutachten jeder mitwirkende Sachverständige für den Teil, den er erstellt hat, die Verantwortung trägt.

Insofern ist es unabdingbar, dass klar und eindeutig erkennbar und bezeichnet sein muss, welcher Sachverständige welche Ausführungen, Feststellungen und Bewertungen getroffen hat, und dass die jeweilige Verantwortlichkeit durch Unterschrift und Rundstempel bestätigt wird.

Nur derjenige, der ein Gutachten und Teile eines Gemeinschaftsgutachtens eigenverantwortlich erstellt hat, ist befugt, seine gutachterlichen Ausführungen zu erläutern, ggf. zu korrigieren oder zu ergänzen.

Dies gilt auch für die Angehörigen von Zusammenschlüssen; auch hier darf und muß nur derjenige Sachverständige eines Zusammenschlusses das Gutachten unterschreiben, der es tatsächlich angefertigt bzw. bestimmte, bezeichnete Teile eines Gemeinschaftsgutachtens ausgearbeitet hat.

Auch wenn ein Auftraggeber in diesem Zusammenhang Vertragsansprüche nur gegen den Sachverständigen-Zusammenschluss als solchen geltend machen könnte, bleibt die öffentlich rechtliche Verantwortung des einzelnen Sachverständigen gegenüber seiner Bestellungskörperschaft unverändert erhalten. Bei einem Verstoß werden Maßnahmen unmittelbar gegen denjenigen Sachverständigen ergriffen, der das Gutachten (oder betroffene Teile) erarbeitet und unterschrieben hat.


12.4 Übernahme von Feststellungen/Ergebnissen Dritter
Sollte es im Zuge der Gutachtenausarbeitung erforderlich sein, Teile eines anderen (fremden) Gutachtens oder Feststellungen von Hilfskräften zu übernehmen (s. 11.2.4.2 - 11.2.4.4. der Erläuterungen), so ist dies unter genauer Bezeichnung der Quelle klar herauszustellen und kurz zu begründen.

Konnten Feststellungen aus bestimmten (darzulegenden) Gründen nicht höchstpersönlich getroffen werden, so sind die auf übernommenen Feststellungen beruhenden Schlussfolgerungen deutlich auf das Zutreffen der unterstellten Voraussetzungen einzuschränken.

Bei Übernahme von Untersuchungsergebnissen von dritter Stelle (z. B. eingeholte Laboruntersuchungen, Materialprüfungen usw.) ist stets zu benennen, wer die erforderliche Untersuchung durchgeführt hat, ggf. nach welcher anerkannten Methode.

§ 13 Führung der Bezeichnung "öffentlich bestellter und vereidigter 
Sachverständiger"

13.1 Verpflichtung zur Führung der genauen Bezeichnung der öffentlichen Bestellung
Der Sachverständige muß in allen Fällen seiner gutachterlichen Tätigkeit und der ihm sonst obliegenden Aufgaben auf seinem Bestellungsgebiet seine Bezeichnung (jeweils mit dem vollständigen Bestellungstenor) und den Rundstempel verwenden. Er hat auf Verlangen auch seinen Ausweis vorzulegen.

Diese Regelung gilt zwingend für jegliche Auskünfte sowie alle Gutachten und schriftlichen Äußerungen im Zusammenhang mit einer Sachverständigentätigkeit auf dem Fachgebiet, für das der Sachverständige öffentlich bestellt und vereidigt ist, unabhängig davon, ob im gerichtlichen oder privatgutachterlichen Auftrag.

13.2 Gutachterliche Tätigkeit außerhalb des Bestellungsrahmens
Ebenso zwingend ergibt sich aus § 13 Abs. 3 SVO, dass der öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige des Handwerks bei allen Sachverständigenaktivitäten, die über seine Bestellungskompetenz hinausgehen (z. B. Gewerksüberschreitung, reine Wertgutachten) in der Funktion eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen nicht tätig werden und die entsprechende Bezeichnung nicht führen darf. In diesen Fällen darf der öffentlich bestellte Sachverständige sich auch bei gegebener Sachkunde lediglich als Fachmann bzw. als freier Sachverständiger äußern und muß dies auch entsprechend klarstellen. Denn durch die öffentliche Bestellung wird dem Sachverständigen eine besondere Qualifikation und erhöhte Glaubwürdigkeit nur für ein bestimmtes Sachgebiet zuerkannt.

Wird der Sachverständige in einem Bereich tätig, den die öffentliche Bestellung nicht umfaßt, darf er deshalb Bezeichnung, Rundstempel, Ausweis und Bestellungsurkunde nicht verwenden oder von anderen (z. B. Hilfspersonen) verwenden lassen. Andernfalls kann er wegen Verstoßes gegen die §§ 1 und 3 UWG zivilrechtlich belangt werden. Der Sachverständige täuscht damit seinen Auftraggeber oder die Öffentlichkeit über den Umfang der ihm von der Bestellkörperschaft für ein bestimmtes Sachgebiet zuerkannten besonderen Qualifikation und erhöhten Glaubwürdigkeit.

13.3 Spaltung der Sachverständigentätigkeit
Die Regelungen des § 13 SVO erlauben zudem ebenso wenig eine Wahlmöglichkeit, ob man im Einzelfall der Sachverständigenbeauftragung durch Private, den Auftrag als "freier Sachverständiger" oder "öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger" annimmt. Eine solche Spaltung der Sachverständigentätigkeit ist nicht zulässig.

Deshalb ist zu betonen:

Wer öffentlich bestellt und vereidigt ist, muss Gutachtenaufträge, die sein Bestellungsgebiet betreffen, immer in seiner Funktion als "öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger" annehmen und ausführen; geht ein Gutachtenauftrag oder gehen Teile eines Auftrages über sein Bestellungsgebiet hinaus, so darf ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger sich zu diesen betreffenden Fragen keinesfalls im Rahmen seiner öffentlichen Bestellung sachverständig äußern.

13.4 Zusätzliche Bezeichnungen oder Stempel
Der öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige des Handwerks darf grundsätzlich keine zusätzlichen Bezeichnungen oder Stempel bei der Sachverständigentätigkeit, die sein Bestellungsgebiet berühren, unter sein Gutachten setzen.

Nicht zulässig sind somit z. B. Stempel eines Berufsverbandes oder einer sonstigen Organisation, bei welchem bzw. welcher der Sachverständige Mitglied ist, selbst dann, wenn sie in der äußeren Form und Aufmachung nicht irreführend dem ausgehändigten Rundstempel nachgebildet sind.

Dem Sachverständigen bleibt unbenommen, in seinem Briefkopf neben der öffentlichen Bestellung Bezeichnungen zu verwenden und Mitgliedschaften aufzuführen, sofern diese nicht falsche Vorstellungen erwecken können über Art und Umfang seiner besonderen Sachkunde und über die Stelle, die den Sachverständigen bestellt hat.
Als irreführend und damit unzulässig sind solche Bezeichnungen zu sehen, die durch Inhalt oder Gestaltung falsche Vorstellungen über die Verbindung eines öffentlich bestellten Sachverständigen zu berufständischen oder sonstigen Organisationen (z. B. Hinweis auf "amtliche Anerkennung" von nichtamtlichen Stellen, "Zulassung", "Anerkennung", "Empfehlung" durch Kammern, Gerichte oder andere Stellen) erwecken können.

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§ 14 Aufzeichnungspflicht

14.1 Allgemeiner Rahmen der Aufzeichnungen
Der öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige des Handwerks hat über alle Vorgänge, die seine Sachverständigenfunktion oder -tätigkeit berühren, schriftliche Aufzeichnungen zu machen. Diese Aufzeichnungen dienen der Kontrolle über die Einhaltung der Pflichten des Sachverständigen. Deshalb müssen sie vollständig, übersichtlich und chronologisch geordnet sein. Eine bestimmte Form ist jedoch nicht vorgesehen.

Der Sachverständige hat seine Leistung oder den begutachteten Gegenstand so zu beschreiben, dass eine spätere Identifizierung ohne weitere Ermittlungen und Zweifel möglich ist.

Gehen die notwendigen Angaben (Name des Auftraggebers, Tag der Auftragserteilung, Gegenstand des Auftrags, Tag der Gutachtenerstattung bzw. Leistungserbringung) aus dem schriftlichen Gutachten oder den sonstigen Unterlagen zweifelsfrei hervor, so sind gesonderte Aufzeichnungen nicht erforderlich.

14.2 Aufzeichnungen bei mündlich erstatteten Gutachten
Der Sachverständige hat auch bei mündlich erbrachten gutachterlichen Leistungen Aufzeichnungen zu führen, durch die Auftraggeber, Gegenstand der Leistung, Datum des Ortstermins und der Gutachtenerstattung und das Ergebnis der Leistungserbringung schriftlich festgehalten werden.

Auf die Vorgabe des § 11 Abs. 1 Satz 2 SVO, wonach das Ergebnis eines mündlich erstatteten Gutachtens schriftlich und in nachvollziehbarer Form festzuhalten ist, wird in diesem Zusammenhang nochmals ausdrücklich verwiesen.

Bei mündlich erstatteten Gerichtsgutachten genügt in der Regel eine Aufzeichnung über den Tag der Vernehmung, das Gericht, die Prozessparteien und das Aktenzeichen des Verfahrens, weil das Ergebnis des Gutachtens durch Protokollierung aktenkundig wird. Dringend empfehlenswert ist jedoch auch hier, die grundsätzlichen Ergebnisse des Gutachtens, die vielleicht auch in einem handschriftlichen Konzept für den Vortrag vor Gericht festgehalten sind, den Aufzeichnungen beizulegen.

14.3 Aufzeichnungen bei nicht erstatteten Gutachten
Für den Fall, dass der Sachverständige einen Gutachtenauftrag aus bestimmten Gründen ablehnt oder dass ein Gutachten aus anderen Gründen nicht erstattet wird, sind die Gründe dafür festzuhalten (z. B. Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit oder Abbruch wegen Abschlusses eines Vergleichs).

14.4 Aufbewahrungsfristen
Die in § 14 Abs. 1 SVO bezeichneten Aufzeichnungen, die jeweils vollständigen Exemplare der schriftlichen Gutachten und alle sonstigen schriftlichen Unterlagen, die sich auf die Tätigkeit als Sachverständiger beziehen, unterliegen einer Aufbewahrungsfrist von 10 Jahren, beginnend mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem der Sachverständige im konkreten Fall tätig war und in dem die Aufzeichnungen zu erstellen waren.

Grundsätzlich müssen auch mündlich erstattete Gutachten durch entsprechende Aufbewahrung der Aufzeichnungen und der Ergebnisse der gutachterlichen Bewertungen 10 Jahre lang nachvollziehbar sein.

14.5 Eigenständige Prüfungspflicht des Sachverständigen
Der Sachverständige muss von sich aus prüfen, ob zum besseren Verständnis der Art und des Umfangs seiner Tätigkeit als Sachverständiger sowie zum Nachweis über Einzelheiten der von ihm getroffenen Feststellungen (beispielsweise aus Haftungsgründen) weitere Unterlagen aufzubewahren sind.

Der Sachverständige muss nachträgliche Änderungen der Aufzeichnungen deutlich kenntlich machen.

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§ 15 Haftungsausschluss/Haftungsversicherung

15.1 Strenger Maßstab für gutachterliche Tätigkeit
Der Sachverständige hat dafür einzustehen, dass seine tatsächlichen Feststellungen vollständig, seine Bewertungen richtig und seine Schlussfolgerungen nachvollziehbar sind. An die Sorgfaltspflichten eines öffentlich bestellten Sachverständigen ist ein strenger Maßstab anzulegen. Die besondere Zuverlässigkeit, Glaubwürdigkeit und Sachkunde, die seinen Leistungen, insbesondere seinen Gutachten, beigemessen werden, und die er durch seinen Eid bekräftigt hat, verpflichten ihn zu einem entsprechenden Maß an Sorgfalt.

Ein öffentlich bestellter Sachverständiger kann sich daher z. B. schadensersatzpflichtig machen, wenn er

* eine Sachverständigenleistung übernimmt, obwohl er weiß oder wissen mußte, dass er die für die Aufgabenstellung besondere Sachkunde nicht besitzt;

* seine Pflichten zur fachlichen Information und Fortbildung sowie seine Sorgfaltspflichten an die tatsächlichen Feststellungen, Untersuchungen und Beratungen nicht erfüllt;

* vorsätzlich oder fahrlässig bei der Erbringung der Sachverständigenleistung falsche tatsächliche Angaben macht, falsche Untersuchungsmethoden anwendet oder falsche Schlussfolgerungen zieht;

* seine Sachverständigenleistung nicht persönlich erbringt (1. § 11 SVO) und sich hierdurch falsche Bewertungen mit Schadensfolgen ergeben.

Der Sachverständige handelt jedoch dann nicht schuldhaft, wenn er zu dem Zeitpunkt, zu dem er seine Leistungen erbringt, diese bei gewissenhafter Prüfung und nach Ausschöpfung aller Erkenntnisse - des Standes der Technik, der Erkenntnisse der Wissenschaft oder der Erfahrungen der Praxis - als richtig ansehen durfte.

15.2 Haftungsrisiken bei einem gerichtlichen Verfahren
Wird der Sachverständige in einem gerichtlichen Verfahren als Gutachter tätig, und erstattet er vorsätzlich oder grob fahrlässig ein falsches Gutachten, so haftet er nach Maßgabe des § 839 a BGB auf Schadenersatz. Diese Haftung kann der Sachverständige nicht ausschließen.

Wird der Sachverständige in einem gerichtlichen Verfahren als Gutachter tätig, haftet er den Beteiligten nach §§ 823, 826 BGB. Diese Haftung kann der Sachverständige nicht ausschließen (vgl. Erläuterungen zu 6.2). In Anlehnung an das Richterprivileg haftet er jedoch lediglich für vorsätzliches und grob fahrlässiges Handeln.

15.3 Haftungsrisiken bei Privatauftrag
Der Sachverständige ist seinem Auftraggeber bei Privatauftrag zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der durch schuldhafte (vorsätzliche oder fahrlässige) Verletzung seiner Pflichten aus der Sachverständigentätigkeit entsteht. Leichte Fahrlässigkeit kann hierbei also schon Haftungsrisiken in sich bergen.

Hiervon unberührt bleiben die nach dem Werkvertragsrecht des BGB bestehenden Mängelansprüche des Auftraggebers.

15.4 Sachverständigentätigkeit für ein Schiedsgericht
Der von einem Schiedsgericht beauftragte Sachverständige haftet, wenn die Parteien nichts anderes vereinbart haben, nach denselben Grundsätzen wie der von einem staatlichen Gericht herangezogene Sachverständige.

15.5 Haftungsrisiken bei Schiedsrichtertätigkeit
Wird der Sachverständige selbst als Schiedsrichter tätig, muss unterschieden werden:

Für die Folgen eines Fehlurteils ist er einem staatlichen Richter gleichgestellt. Er haftet demnach, wenn er sich einer strafbaren Handlung (Rechtsbeugung, Vorteilsannahme, Bestechlichkeit) schuldig gemacht hat. Diese Einschränkung gilt nur für den Schiedsspruch und seine Folgen selbst.

Verursacht der Sachverständige als Schiedsrichter einen Schaden durch fehlerhafte Verfahrensabwicklung der Schiedssache (z. B. schleppende Behandlung des Verfahrens, Verfahrensfehler, aufgrund dessen der Schiedsspruch aufgehoben wird) bleibt es bei der allgemeinen Sachverständigenhaftung.

15.6 Haftungsrisiken bei Schiedsgutachten
Für Schiedsgutachten gelten dieselben Grundsätze wie für Privatgutachten.

15.7 Haftungsrisiken gegenüber Dritten
Der Sachverständige haftet nicht nur seinem Auftraggeber für die gewissenhafte Erbringung seiner Sachverständigenleistung, er kann auch von Dritten, die im Vertrauen auf die Richtigkeit des Gutachtens Dispositionen getroffen haben, für Schäden, die sich aus Fehlern bei seiner Sachverständigenleistung ergeben, in Anspruch genommen werden. Dies gilt jedoch nur dann, wenn das Gutachten oder eine andere Sachverständigenleistung auch einem Dritten für den Sachverständigen erkennbar als Entscheidungsgrundlage dienen sollte.

15.8 Haftungsausschluß
Der Tätigkeit eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen wird eine besondere Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit beigemessen. Der Sachverständige muss daher grundsätzlich auch für eine grob fahrlässige Pflichtverletzung die Haftung übernehmen und darf hier seine Haftung nicht ausschließen oder der Höhe nach beschränken. Im Ergebnis führt dies zu einer Gleichbehandlung mit der Haftung des im Gerichtsverfahren tätigen Sachverständigen.

Für den Fall der groben Fahrlässigkeit kann im Prinzip die Haftung in besonderen Fällen hinsichtlich der 30-jährigen Verjährungsfrist für Mangelfolge- und mittelbare Schäden durch Individualvereinbarungen mit dem Auftraggeber angemessen gekürzt werden. Anhaltspunkte für die Angemessenheit können hier gesetzliche Vorschriften aus verwandten Bereichen geben, wie z. B. die 5-jährige Verjährungsfrist bei Mängeln an Bauwerken (ab Bauwerksabnahme), § 638 Abs. 2 BGB oder die 5-jährige Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche nach der Wirtschaftsprüferordnung. Eine Begrenzung auf 5 Jahre ab Gutachtenabnahme kann daher in Einzelfällen als angemessen angesehen werden. In entsprechenden Fällen ist die Bestellkörperschaft jedoch zu informieren.

15.9 Haftungsausschluß für leichte Fahrlässigkeit
Nach der zum 01. Januar 2002 in Kraft getretenen Schuldrechtsreform lässt sich die Frage nach einem Haftungsausschluss für einfache Fahrlässigkeit nicht mehr eindeutig beantworten. Ob und in welchem Umfang die Haftung für einfache Fahrlässigkeit ausgeschlossen oder beschränkt werden kann, hängt sehr stark von den Umständen des Einzelfalls ab. Der Sachverständige sollte jedoch stets bedenken, ob ein derartiger Haftungsausschluss mit dem durch seine öffentliche Bestellung vermittelten Vertrauensvorschuss und der von ihm beanspruchten Kompetenz zu vereinbaren ist.

15.10 Nachträglicher Haftungsausschluss
Ein Haftungsausschluss oder eine Haftungsbegrenzung durch einseitige Erklärung (z. B. unter dem Gutachten) ist unwirksam.

15.11 Haftpflichtversicherung
Der Sachverständige soll für sich und ggf. für seine Mitarbeiter eine Berufshaftpflichtversicherung in angemessener Höhe abschließen und während der Dauer seiner Bestellung aufrecht erhalten. Für nebenberuflich tätige Sachverständige des Handwerks kann auch die Betriebshaftpflichtversicherung entsprechend erweitert werden. Wichtig ist dabei, dass das Haftpflichtrisiko für nebenberufliche Sachverständigentätigkeit auch ausdrücklich in das Vertragsverhältnis der bestehenden Betriebshaftpflichtversicherung mit aufgenommen wird. Die Höhe der Versicherung muss sich nach dem Umfang der Inanspruchnahme des Sachverständigen oder dem durchschnittlichen Wert der von ihm begutachteten Objekte richten. Der Sachverständige sollte in jedem Einzelfall sorgfältig prüfen, ob die Leistungen seiner Betriebshaftpflichtversicherung hierzu ausreichen.

Wird der Sachverständige in einem Zusammenschluss mit anderen Sachverständigen tätig, bei dem die Haftung des einzelnen ausgeschlossen oder beschränkt ist (s. § 21 SVO), muss die Deckungssumme der Haftpflichtversicherung dem Haftungsrisiko des Zusammenschlusses entsprechen.

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§ 16 Schweigepflicht

16.1 Schweigepflicht als Vertrauensgrundlage
Die Schweigepflicht ist ein maßgeblicher Grund für die Vertrauenswürdigkeit des öffentlich bestellten Sachverständigen. Der Sachverständige darf weder das Gutachten noch Tatsachen oder Unterlagen, die ihm im Rahmen seiner gutachterlichen Tätigkeit anvertraut wurden oder bekannt geworden sind, unbefugt offenbaren, weitergeben oder ausnutzen.

Die Pflicht zur Verschwiegenheit umfasst alle Tatsachen, die der Sachverständige durch seine Tätigkeit erfahren hat, sofern diese nicht offenkundig sind. Auch die Tatsache seiner Beauftragung ist ggf. geheimzuhalten.

So dürfen Dritten nicht ohne weiteres auf Anfrage Auskünfte über den Inhalt oder die Umstände der Gutachtenerstattung erteilt werden. Wenn Dritte Rückfragen haben, ist das Einverständnis des Auftraggebers zur Auskunftserteilung einzuholen, wenn es nicht aus den Umständen oder der Interessenlage unterstellt werden kann. Auch allgemeine "lockere" mündliche Hinweise an Dritte, die sich auf gutachterliche Aussagen beziehen, stellen einen Verstoß gegen die Schweigepflicht dar.

16.2 Schweigepflicht für Mitarbeiter
Die Schweigepflicht, der ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger unterworfen ist, gilt auch für alle Hilfskräfte und diejenigen, die der Sachverständige als Schreibkräfte bei der gutachterlichen Tätigkeit mit heranzieht, und darüber hinaus für alle im Betrieb des Sachverständigen mitarbeitenden Personen, die in irgendeiner Form Kenntnisse aus der Sachverständigentätigkeit erlangen könnten. Der Sachverständige hat dafür zu sorgen, dass die Schweigepflicht von den Mitarbeitern eingehalten wird.

16.3 Abstrakte, anonymisierte Darstellung
Der Sachverständige darf die bei seiner Gutachtertätigkeit erlangten Kenntnisse durchaus in abstrakter, anonymisierter Form für sich oder Dritte verwerten (beispielsweise zum Zwecke der Statistik oder der fachlichen Diskussion). In diesen Fällen muß der Sachverständige jedoch sicherstellen, dass auch nicht mittelbar - Rückschlüsse auf den Auftraggeber, den konkreten Gutachtenfall oder das begutachtete Objekt möglich sind.

16.4 Befugte Offenbarungen
Eine befugte Offenbarung liegt dann vor, wenn der Auftraggeber den Sachverständigen ausdrücklich von der Schweigepflicht entbindet. Es empfiehlt sich, sich die Zustimmung des Auftraggebers in jedem Fall schriftlich geben zu lassen. Der Sachverständige darf allerdings Dritten, denen der Auftraggeber das Gutachten zugänglich gemacht hat, unter Wahrung der berechtigten Belange des Auftraggebers das Gutachten z. B. erläutern.

Eine befugte Offenbarung liegt auch dann vor, wenn der Sachverständige aufgrund von Vorschriften dazu verpflichtet ist (z. B. nach § 20 SVO oder nach der ZPO). Der Sachverständige ist auch verpflichtet, als Zeuge im Strafprozess auszusagen. Die Zeugnispflicht geht hier der Schweigepflicht vor. Er hat auch kein Auskunftsverweigerungsrecht nach der Abgabenordnung.

16.5 Pflichtverletzung begründet strafbare Handlung
Da der öffentlich bestellte Sachverständige auf die gewissenhafte Einhaltung seiner Obliegenheiten förmlich verpflichtet worden ist, stellt die Verletzung der Schweigepflicht eine strafbare Handlung nach § 203 Abs. 2 Nr. 5 StGB dar; die oben genannten Ausnahmen von der Schweigepflicht gelten auch hier.

16.6 Dauer der Schweigepflicht
Die Schweigepflicht gilt auch, wenn die öffentliche Bestellung des Sachverständigen erloschen oder sein Auftraggeber verstorben ist.

§ 17 Fortbildung

17.1 Grundsätze der Fortbildungspflicht
Es reicht nicht aus, dass der Sachverständige nur im Zeitpunkt seiner Bestellung über das notwendige Fachwissen verfügt und fähig ist, Gutachten zu erstatten. Seine Qualifikation muss er während der gesamten Dauer der öffentlichen Bestellung wahren und den neuesten Entwicklungen anpassen.

Der Sachverständige hat sich daher ständig über den jeweiligen Stand der Technik und die neueren Erkenntnisse auf seinem Sachgebiet zu unterrichten. Zur Fortbildung gehört aber nicht nur die Ergänzung des unmittelbaren Fachwissens, sondern auch Weiterbildung im allgemeinen Sachverständigenwissen (z. B. Rhetorik, Vertrags, Prozess-, Haftungs-, Gebühren- und Schiedsgutachterrecht sowie im öffentlichen Recht hinsichtlich des den Sachverständigen betreffenden Pflichtenkatalogs).

17.2 Fortbildung muß belegt werden
Zu diesem Zweck hat sich der Sachverständige nachweisbar in der erforderlichen Weise, insbesondere durch regelmäßige Teilnahme an Kursen, Seminaren und Fortbildungslehrgängen, die von kompetenten Stellen angeboten werden, sowie zusätzlich durch Studium der Fachliteratur fortzubilden. Hierbei sollte insbesondere von dem Angebot der verschiedenen Handwerksorganisationen Gebrauch gemacht werden. Zur Fortbildung gehört weiterhin und zusätzlich auch die Teilnahme am fachlichen Erfahrungsaustausch in erforderlichem Umfang, soweit es diesen auf dem Sachgebiet gibt, für das er öffentlich bestellt ist. Die Fortbildung ist der Handwerkskammer gegenüber unaufgefordert zu belegen.

17.3 Mißachtung der Fortbildungspflicht
Die Handwerkskammer ist gehalten, die Erfüllung der Fortbildungspflicht durch den Sachverständigen zu überwachen. Sollte der öffentlich bestellte Sachverständige über einen längeren Zeitraum den Besuch von Fortbildungsmaßnahmen nicht nachgewiesen haben, so kann die Handwerkskammer den Fortbestand bzw. die erneute Bestellung unter Fristsetzung und Berücksichtigung der individuellen Umstände von geeigneten Fortbildungsmaßnahmen abhängig machen. Der Sachverständige sollte sich daher stets der Bedeutung der Fortbildung für den Bestand der öffentlichen Bestellung bewusst sein.

Wird geeignete Fortbildung nicht belegt, so kann dies etwa dazu führen, dass eine Bestellung nur verkürzt erfolgt und mit Auflagen zur Fortbildung verbunden wird oder der Betroffene sich einer erneuten Sachkundeprüfung stellen muss.

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§ 18 Bekanntmachung, Werbung

18.1 Bekanntgabe in Zeitungen und Telefonbüchern
Der Sachverständige darf seine öffentliche Bestellung in Tageszeitungen, Fachzeitschriften, Branchenfernsprechbüchern, Adressbüchern und anderen Medien bekanntgeben. Diese Bekanntmachung erfolgt "in angemessener Weise", wenn sie nach Aufmachung und Inhalt der öffentlichen Bestellung gerecht wird. Die diesbezüglichen Verlautbarungen dürfen daher nicht reklameartig aufgemacht sein und müssen sich auf den Namen, die Adresse, die Sachgebietsbezeichnung, die öffentliche Bestellung und die bestellende Kammer beschränken.

18.2 Sachlich informative Werbung
Bei seiner Werbung hat der Sachverständige selbstverständlich das geltende Wettbewerbsrecht, insbesondere die §§ 1 und 3 UWG, zu beachten. Darüber hinaus müssen Form und Inhalt seiner Aussagen dem Ansehen, der Funktion und der besonderen Verantwortung eines öffentlich bestellten Sachverständigen gerecht werden. Insoweit hat sich der Sachverständige bei seiner Werbung eine gewisse Zurückhaltung aufzuerlegen. Zulässig ist danach lediglich eine Werbung, die in objektiver Form über das Leistungsangebot des Sachverständigen informiert (sachlich informativer Charakter). Aussagen, die nach Aufmachung oder Inhalt aufdringlich, anlockend oder anreißerisch wirken könnten, sind zu unterlassen.

18.2.1 Bekanntgabe in Fachkreisen
In fachlichen Abhandlungen oder bei Fachveranstaltungen darf der Sachverständige auf seine öffentliche Bestellung hinweisen.

18.2.2 Trennung von unternehmerischer Tätigkeit
Der Sachverständige hat seine Tätigkeit als vereidigter Sachverständiger strikt von seiner sonstigen beruflichen oder gewerblichen Betätigung zu trennen. In Anzeigen, auf Briefbögen, Visitenkarten und in anderen Werbeaussagen, die sich auf seine sonstige berufliche oder gewerbliche Betätigung beziehen, darf der Sachverständige nicht auf seine öffentliche Bestellung hinweisen. Ebensowenig ist es dem Sachverständigen gestattet, bei seiner Betätigung als vereidigter Sachverständiger auf seine sonstige berufliche oder gewerbliche Tätigkeit hinzuweisen.

18.2.3 Hinweis auf Briefbögen
Die Briefbögen mit dem Hinweis auf die öffentliche Bestellung dürfen nur bei dem Schriftverkehr verwandt werden, der sich auf die Tätigkeit des Sachverständigen auf dem Sachgebiet seiner Bestellung erstreckt (vgl. § 13 Abs. 1 - 3 SVO).


§ 19 Anzeigepflicht

19.1 Veränderungen im persönlichen Bereich
Da die Handwerkskammer die Aufgabe hat, auf entsprechende Anfragen Gerichten, Behörden und Privatpersonen Sachverständige zu benennen, ist der Sachverständige verpflichtet, ihr alle Veränderungen in seinem persönlichen Bereich, die Auswirkungen auf seine Sachverständigentätigkeit haben können, unaufgefordert und unverzüglich mitzuteilen. Diese Mitteilungspflicht umfasst nicht nur die Änderung der beruflichen Niederlassung, des Wohnsitzes oder seiner persönlichen Erreichbarkeit, sondern darüber hinaus auch alle Umstände (Krankheit, Urlaub, Auslandsaufenthalt etc.), die den Sachverständigen voraussichtlich länger als 3 Monate an der Ausübung seiner Sachverständigentätigkeit hindern.

19.2 Veränderungen im beruflichen Bereich
Die Tätigkeit als öffentlich bestellter Sachverständiger muß mit seinen sonstigen beruflichen oder gewerblichen Aktivitäten vereinbar sein. So dürfen insbesondere die Objektivität und Unabhängigkeit des Sachverständigen durch Interessenkollisionen nicht gefährdet werden. Ferner darf angesichts der Pflicht zur Gutachtenerstellung (vgl. § 10 Abs. 1 u. 2 SVO) die zeitliche Verfügbarkeit des Sachverständigen nicht in unzumutbarem Umfang eingeschränkt werden. Deshalb hat der Sachverständige die Beendigung oder Änderung seiner ausgeübten oder die Aufnahme einer weiteren beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit, insbesondere den Eintritt in ein Arbeits- oder Dienstverhältnis, sowie den Eintritt in oder das Ausscheiden aus einem Zusammenschluss nach § 21 SVO anzuzeigen.

19.3 Veränderungen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit oder persönlichen Eignung
Schließlich hat der Sachverständige die Handwerkskammer über alle Umstände zu informieren, die seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit oder seine persönliche Eignung für die Sachverständigentätigkeit in Frage stellen können. Die Kammer ist daher insbesondere bei eidesstattlichen Versicherungen, Insolvenzverfahren, Gewerbeuntersagungsverfahren nach § 35 GewO sowie Strafverfahren schriftlich zu informieren.

§ 20 Auskunftspflicht

20.1 Erteilung von Auskünften gegenüber der Kammer
Als Bestellungskörperschaft hat die Handwerkskammer die Tätigkeit des Sachverständigen zu überwachen. Zu diesem Zweck hat der Sachverständige die erforderlichen mündlichen oder schriftlichen Auskünfte innerhalb der gesetzten Frist unentgeltlich zu erteilen. Art und Umfang der Auskunftspflicht richten sich nach dem Zweck der Überwachung. Demzufolge erstreckt sich die Auskunftspflicht auf alle Umstände, deren Kenntnis zur Einschätzung des Umfangs der Sachverständigentätigkeit oder zur Würdigung der besonderen Sachkunde, der Objektivität, Unabhängigkeit, Zuverlässigkeit und anderer Aspekte der persönlichen Eignung sowie der Beachtung der Sachverständigenpflichten, insbesondere der Sachverständigenordnung, notwendig ist.

20.2 Entbindung von der Schweigepflicht
Gegenüber einem diesbezüglichen Auskunftsverlangen kann sich der Sachverständige nicht auf seine Schweigepflicht berufen (vgl. § 16 Abs. 3 SVO). Der Sachverständige kann allerdings die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihn selbst oder einen der in § 52 Abs. 1 StPO bezeichneten Angehörigen der Gefahr aussetzen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden. Zu dem genannten Personenkreis gehören der Verlobte, der Ehegatte des Sachverständigen, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht, ferner Personen, die mit dem Sachverständigen in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert sind oder waren.

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§ 21 Zusammenschlüsse mit Sachverständigen

21.1 Rechtsform des Zusammenschlusses
Dem Sachverständigen steht es frei zu wählen, in welcher Rechtsform er seine Tätigkeit ausüben will. Er kann allein oder beispielsweise auch in der Rechtsform einer Einpersonen-GmbH arbeiten oder sich mit anderen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen (vgl. § 21 Abs. 1 Satz 2 SVO) seines Gewerks, aber auch anderer Sachgebiete zusammenschließen. Auch ein Zusammenschluss mit öffentlich bestellten Sachverständigen anderer Bestellungskörperschaften (z.B. Industrie- und Handelskammern, Architektenkammern) ist möglich. Neben der bereits erwähnten GmbH kommt hier insbesondere die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, u. U. aber auch die Partnerschaftsgesellschaft in Betracht. Gerade durch den Zusammenschluß vereidigter Sachverständiger verschiedener Bestellungsgebiete eröffnet sich auch für den handwerklichen Sachverständigen die Möglichkeit, gewerkübergreifend Gemeinschaftsgutachten zu erstellen.

21.1.1 Vertragspartner
Soweit solche Zusammenschlüsse wie etwa die GmbH - rechtlich verselbständigt sind, werden sie selbst Partner der Verträge über Sachverständigenleistungen. Anderes gilt nur bei gerichtlichen Aufträgen, die sich direkt an einzelne Sachverständige richten. Wird die Sachverständigengesellschaft selbst Vertragspartner für die angeforderten Sachverständigenleistungen, ändert dies jedoch nichts daran, dass der einzelne Sachverständige selbst verpflichtet ist, für die Einhaltung der sich aus seiner öffentlichen Bestellung ergebenden Pflichten Sorge zu tragen. Dies gilt insbesondere für seine Pflicht, die Sachverständigenleistungen höchstpersönlich zu erbringen, und zwar unabhängig davon, ob er einen Auftrag als Vertreter der Gesellschaft unmittelbar oder aufgrund interner Zuweisung übernimmt. Auch in einer Gesellschaft, gleich welcher Rechtsform, bleibt der Sachverständige also für die Höchstpersönlichkeit seiner Tätigkeit verantwortlich. Dem gemäß ist der Sachverständige auch verpflichtet, bei einem Gemeinschaftsgutachten mit anderen Sachverständigen der Gesellschaft seine Gutachtertätigkeit eindeutig zu kennzeichnen (s. Erläuterungen zu 12.3).

21.1.2 Unabhängigkeit und Unparteilichkeit
Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Sachverständigen dürfen durch den Gesellschaftsvertrag oder andere interne Organisationsregeln etwa Geschäftsführerverträge - nicht gefährdet werden. Hiermit unvereinbar wären etwa fachliche Weisungsbefugnisse anderer Gesellschafter, der Geschäftsführer oder der Gesellschafterversammlung, aber auch Vereinbarungen, die die Gewinnbeteiligung, Entnahmemöglichkeiten oder Gehaltszahlungen ausschließlich an Umsatzanteile und Akquisitionserfolge knüpfen.

21.2 Namentliche Nennung aller Partner
Der Sachverständige hat unabhängig von der Rechtsform seines Zusammenschlusses dafür Sorge zu tragen, dass alle Partner (nicht aber angestellte Sachverständige) in Briefbögen und sonstigen Drucksachen genannt werden. Darüber hinaus ist für jeden Sachverständigen der Bestellungstenor und die bestellende Kammer anzugeben.

Die vorgenannten Verpflichtungen gelten nicht, wenn mehrere Sachverständige sich lediglich zu einer Bürogemeinschaft zusammenschließen, der Zusammenschluß sich also nur auf die gemeinsame Nutzung eines Büros, eines Grundstücks oder eines Labors beschränkt. Arbeitet der Sachverständige in diesen Fällen weiterhin im eigenen Namen und für eigene Rechnung, handelt es sich nicht um einen Zusammenschluss im Sinne des § 21 SVO.

21.3 Haftpflichtversicherung
Wird für den Zusammenschluss eine Rechtsform gewählt, die wie z.B. die GmbH - die Haftung auf deren Vermögen beschränkt (vgl. § 13 Abs. 2 GmbHG), muß der Sachverständige sicherstellen, dass eine angemessene Haftpflichtversicherung für die Gesellschaft abgeschlossen wird. Dies gilt auch bei anderen Gestaltungsformen, etwa bei Verwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen, aber z.B. auch in Fällen, in denen die Haftung der Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts auf das Gesellschaftsvermögen begrenzt wird. Für die Verpflichtung zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung ist dabei unerheblich, ob die Haftung in irgendeiner Weise (Höhe, Haftungsrisiken, Haftungsmaßstab) modifiziert wird.

21.3.1 Versicherungspflicht bei Einpersonen-GmbH
Selbstverständlich gilt die Versicherungspflicht auch für einen Sachverständigen, der seine Tätigkeit in der Rechtsform einer Ein-Personen-GmbH ausübt.

21.3.2 Angemessenheit der Haftpflichtversicherung
Zur Angemessenheit der Haftpflichtversicherung wird auf die Erläuterungen zu 15.11 verwiesen. Für einen Zusammenschluss, der selbst haftet, kann eine Haftpflichtversicherung nur dann als angemessen angesehen werden, wenn die Höchsthaftungsgrenzen deutlich über denen für die einzelnen Sachverständigen des Zusammenschlusses liegen. 

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§ 22 Gründe für das Erlöschen

22.1 Erklärung durch den Sachverständigen
Die Erklärung des Sachverständigen nach § 22 Abs. 1 Nr. 1 SVO muss klar und unmissverständlich geäußert werden. Sie soll in der Regel schriftlich erfolgen.

22.2 Entfallen der Bestellungsvoraussetzungen

22.2.1 Wegfall der Eintragung bei der Handwerkskammer:
Die öffentliche Bestellung erlischt auch, wenn die Eintragung des Sachverständigen in der Handwerksrolle der Handwerkskammer als Inhaber oder als Gesellschafter einer Personengesellschaft bzw. Geschäftsführer oder Vorstand einer juristischen Person oder als Betriebsleiter gelöscht wird, es sei denn, die Bestellungsvoraussetzungen des § 2 Abs. 4 SVO werden erfüllt. Für einen Sachverständigen des zulassungsfreien Handwerks bzw. des handwerksähnlichen Gewerbes gilt dies entsprechend. Geht die Löschung auf den Antrag des Sachverständigen gem. § 13 Abs. 1 HwO zurück, hat er in seinem Antragsschreiben darauf hinzuweisen, dass er als Sachverständiger der Handwerkskammer öffentlich bestellt und vereidigt ist.

22.2.2 Aufgabe der Niederlassung bzw. des Hauptwohnsitzes
Die öffentliche Bestellung erlischt ferner, wenn der Sachverständige, der nicht bei der Handwerkskammer eingetragen ist, seine Niederlassung als Sachverständiger oder, falls eine solche nicht besteht, seinen Hauptwohnsitz im Bezirk der Handwerkskammer, die ihn öffentlich bestellt hat, aufgibt. Den Sachverständigen trifft die Verpflichtung, diese Veränderungen der Handwerkskammer mitzuteilen. Kommt es zu einer Sitzverlegung (Niederlassung bzw. Wohnsitz) aus dem Zuständigkeitsbereich der bestellenden Kammer, muss der Sachverständige bei der für den neuen Sitz zuständigen Kammer erneut einen Antrag auf öffentliche Bestellung stellen, falls er wiederum öffentlich bestellt werden möchte. Zu Prüfungszwecken darf die dann zuständige Handwerkskammer von der früher zuständigen die vollständigen Sachverständigenakten anfordern, die dann mit Zustimmung des Bewerbers übermittelt werden können.

22.3 Erlöschen durch Zeitablauf oder Erreichen der Altersgrenze
Die Bestellung als Sachverständiger erlischt ferner, wenn die Zeit, für die der Sachverständige öffentlich bestellt worden ist, abläuft. Die Bestellung erfolgt in der Regel für längstens fünf Jahre. Nach Ablauf der Bestellzeit wird eine neue Bestellung vorgenommen, wenn die in § 2 SVO genannten Voraussetzungen gegeben sind (s. § 5 Abs. 2 und 3 SVO). Der Sachverständige kann vor Ablauf einen Antrag auf Wiederbestellung stellen. In der Regel wird die Handwerkskammer von sich aus den Sachverständigen anschreiben und eine Wiederbestellung vornehmen, wenn dem nicht Gründe entgegenstehen. Dazu gehören Sachverhalte, die einen Widerruf bzw. die Rücknahme rechtfertigen oder das Erreichen der Altersgrenze von 65 Jahren, (s. § 2 Abs. 2 Nr. 2 SVO).

Die Bestellung erlischt in jedem Fall mit der Vollendung des 68. Lebensjahres.

22.4 Rücknahme und Widerruf der Bestellung
Die öffentliche Bestellung erlischt auch, wenn die Handwerkskammer die öffentliche Bestellung widerruft oder zurücknimmt (s. Erläuterungen zu § 23 SVO).

22.5 Ausnahmeregelung
Wird die Eintragung des Sachverständigen bei der Handwerkskammer gelöscht und besteht die Bestellung des Sachverständigen auch nicht nach Maßgabe des § 2 Abs. 4 SVO fort, kann die Handwerkskammer in Ausnahmefällen bestimmen, dass die Bestellung fortbesteht, wenn der Hauptwohnsitz im Kammerbezirk verbleibt (§ 2 Abs. 5 SVO). Begründete Ausnahmefälle liegen regelmäßig nicht in der persönlichen Sphäre des Sachverständigen; angesprochen sind nur die Interessen der Öffentlichkeit, z. B. eine akute Mangellage. Bei der Beurteilung ist auch von Bedeutung, ob der Sachverständige nach dem Ausscheiden aus dem Berufsleben die Möglichkeit hat, den Anschluss an die Entwicklung seines Berufes zu halten und sich über technische Neuerungen und die Preisgestaltung umfassend zu informieren.

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§ 23 Widerruf, Rücknahme

23.1 Ermessen der Kammer
Der Widerruf oder die Rücknahme einer öffentlichen Bestellung ist eine Ermessensentscheidung der Handwerkskammer. Der Widerruf zielt auf die Beseitigung eines ursprünglich zwar rechtmäßigen, aber durch Hinzutreten neuer Tatsachen nun rechtswidrigen Verwaltungsaktes durch die Handwerkskammer, die Rücknahme auf die Beseitigung eines schon bei seinem Erlass rechtswidrigen Verwaltungsaktes

23.2 Bedeutung des Widerrufs
Der Widerruf der öffentlichen Bestellung kommt dann in Betracht, wenn die Handwerkskammer aufgrund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, die öffentliche Bestellung abzulehnen und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde. Sie darf die öffentliche Bestellung auch dann widerrufen, wenn eine mit ihr verbundene Auflage nicht erfüllt worden ist (s. z.B. 17.3 der Erläuterungen "Missachtung der Fortbildungspflicht"). Die Handwerkskammer wird also dann einen Widerruf prüfen, wenn sich nach der Bestellung ergibt, dass der Sachverständige nicht mehr über die erforderliche besondere Sachkunde oder persönliche Eignung verfügt oder seine Einrichtungen nicht mehr den Anforderungen genügen, von denen die Bestellung abhängig war (§ 2 SVO).

Ein Widerruf kommt danach u.a. in Betracht, wenn

- der Sachverständige Blanko-Gutachtenformulare mit seiner Unterschrift und seinem Stempel Mitarbeitern oder Dritten zur Verfügung stellt,

- der Sachverständige Straftaten im Zusammenhang oder im Rahmen seiner Sachverständigentätigkeit begeht (Diebstahl während eines Ortstermins, Verwahrungsbruch, Vorteilsannahme); auch Straftaten, die nicht in Zusammenhang mit der Sachverständigentätigkeit stehen, können die persönliche Eignung in Frage stellen, wenn die uneingeschränkte Vertrauenswürdigkeit des Sachverständigen bei den Auftraggeberkreisen nicht mehr zweifelsfrei festzustellen ist. Auf seine Integrität und damit seine persönliche Eignung wirkt es sich auch nachteilig aus, wenn er sich im Zusammenhang mit seiner sonstigen Berufstätigkeit als bestechlich erweist oder bei Bestechungshandlungen mitwirkt oder sich Straftaten nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb zu Schulden kommen lässt. Bereits die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens kann den Widerruf der öffentlichen Bestellung geboten erscheinen lassen; die Entscheidung darüber hängt von der Schwere des Strafvorwurfes und der Dringlichkeit des Tatverdachtes ab,

- wenn der Sachverständige die Eidesstattliche Versicherung nach § 807 ZPO für sich oder einen Dritten abgeben musste und entweder persönlich oder für einen Dritten in das Schuldnerverzeichnis nach § 915 ZPO eingetragen ist,

 wenn über das Vermögen des Sachverständigen ein Insolvenzverfahren beantragt, eröffnet oder die Einleitung mangels Masse abgelehnt wurde; dasselbe gilt bei Gesellschaften, deren Geschäftsführer bzw. Vorstand oder Gesellschafter der Sachverständige ist,

- wenn der Sachverständige wiederholt unbegründete und nicht nachvollziehbare Gutachten erstattet, so dass diese für Auftraggeber oder Dritte nicht verwertbar oder verwendbar sind.

23.3 Bedeutung der Rücknahme
Durch die Rücknahme wird die schon zu Beginn rechtswidrige öffentliche Bestellung aufgehoben, wenn der Sachverständige die Bestellung z. B. durch Angaben erwirkt hat, die in entscheidungserheblichen Punkten unrichtig oder unvollständig waren. 
Eine Rücknahme kommt u.a. in Betracht, wenn der Sachverständige die im Antragsverfahren vorgelegten Gutachten nicht persönlich erstattet, gefälschte Zeugnisse oder Nachweise seiner Berufsausbildung vorgelegt und trotz Erklärungsaufforderung Vorstrafen oder Ordnungswidrigkeiten verschwiegen hat.
Der Sachverständige kann sich nicht darauf berufen, er habe die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Angaben nicht erkannt, wenn ihm insoweit grobe Fahrlässigkeit anzulasten ist. Dem Vertrauensschutz des Sachverständigen in den Fortbestand seiner öffentlichen Bestellung als begünstigender Verwaltungsakt wird durch die Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes Rechnung getragen.

23.4 Verfahren
Das Verfahren des Widerrufs oder zur Rücknahme der öffentlichen Bestellung richtet sich nach den Vorschriften des einschlägigen Verwaltungsverfahrensgesetzes.

23.4.1 Abgrenzung von laufenden Strafverfahren
Das Verfahren der Handwerkskammer zur Prüfung eines Widerrufes wird durch strafrechtliche Ermittlungen weder hinsichtlich des Verfahrensganges noch hinsichtlich des Ergebnisses präjudiziert. Strafverfahren und Widerrufsverfahren orientieren sich an unterschiedlichen Maßstäben. Trotz der Einstellung eines Strafverfahrens oder trotz eines Freispruches aus Rechtsgründen ist deshalb ein Widerruf der öffentlichen Bestellung nicht grundsätzlich ausgeschlossen.

23.4.2 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
Vor einem Widerruf oder einer Rücknahme muss geprüft werden, ob nicht geringere Eingriffe, wie z. B. eine Verwarnung oder Auflagen, das erforderliche Ergebnis erzielen oder gewährleisten. Die Handwerkskammer prüft unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, ob der Widerruf die geeignete, notwendige und nicht unverhältnismäßige Maßnahme ist. Erklärt sich z. B. der betroffene Sachverständige bereit, für die Zeit eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens bis zur rechtskräftigen Entscheidung die öffentliche Bestellung ruhen zu lassen, bedarf es vorerst keines Widerrufes.

Unabhängig davon wird die Handwerkskammer jedoch prüfen, ob angesichts der erhobenen Vorwürfe schon vorher der Widerruf oder die Rücknahme ggf. mit sofortigem Vollzug anzuordnen ist, um dem öffentlichen Interesse ausreichend Rechnung zu tragen.

23.4.3 Schriftliche Begründung
Der Widerruf bzw. die Rücknahme ist als Verwaltungsakt schriftlich zu begründen. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Entscheidungsgründe mitzuteilen. Da es sich in beiden Fällen um Ermessensentscheidungen handelt, muss die Handwerkskammer auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen sie bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist. Der Bescheid ist mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen.

§ 24 Rückgabepflicht von Bestellungsurkunde, Ausweis und Rundstempel

Nach § 7 SVO händigt die Handwerkskammer dem Sachverständigen nach seiner öffentlichen Bestellung und Vereidigung die Bestellungsurkunde, den Ausweis und den Rundstempel aus. Diese bleiben Eigentum der Handwerkskammer. Nach Erlöschen der Bestellung bzw. Bestandskraft des Widerruf- oder Rücknahmebescheides kann die Handwerkskammer die aufgrund der öffentlichen Bestellung ausgehändigten Unterlagen, die zum Nachweis der Rechte aus der Bestellung oder zu deren Ausübung bestimmt sind, nach den jeweiligen Bestimmungen der Landesverwaltungsgesetze zurückfordern. Der Inhaber und, sofern er nicht Besitzer ist, auch der Besitzer dieser Unterlagen ist zu ihrer Herausgabe verpflichtet.

§ 25 Bekanntmachung des Erlöschens

25.1 Bekanntmachung im Bekanntmachungsorgan der Kammer
Das Erlöschen der öffentlichen Bestellung ist in dem amtlichen Bekanntmachungsorgan, das in der Satzung der Handwerkskammer festgelegt ist, bekanntzumachen. Die Handwerkskammer kann ferner in Rundschreiben die regelmäßigen Empfänger ihres Sachverständigenverzeichnisses vom Erlöschen der öffentlichen Bestellung unterrichten.

25.2 Rechtsfolgen
Mit dem Erlöschen der öffentlichen Bestellung wird die Vereidigung gegenstandslos. Der Sachverständige darf sich nunmehr z. B. nicht mehr als "öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger" bezeichnen. Er würde sich mit der weiteren Titelführung darüber hinaus in die Gefahr strafrechtlicher Verfolgung begeben, da die unbefugte Führung der Bezeichnung "öffentlich bestellter Sachverständiger" gem. § 132 a Abs. 1 Nr. 3 StGB strafbar ist. Auch die Bezeichnung "vereidigter Sachverständiger" ist, da irreführend, unzulässig.

Gleiches gilt etwa für Zusätze wie:

- Öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger a. D.; i. R.;
- ehemals/vormals öffentlich bestellt

- Seniorenmitglied eines Verbandes von öffentlich bestellten Sachverständigen

 

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Jürgen Klodt von der Handwerkskammer Münster öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für das Tischlerhandwerk

Barenscheidstr. 2
45886 Gelsenkirchen

Tel.       0209 – 38 96 64 78
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